30/9  Verlängerung!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:26

Der Doktor war zufrieden. Das, was bis jetzt erreicht wurde, war immerhin etwas. Aber offenbar nicht genug, denn man sei, so sagte er nach einem Seitenblick zu seiner Kollegin, überein gekommen, meinen Aufenthalt in der Kurklinik um weitere zehn Tage zu verlängern.

Mein fragender Blick galt der Krankenkasse. Darum würde sie sich kümmern, meinte die Ärztin. Der Aufenthalt war ursprünglich auf zwei Wochen angelegt. Die Verlängerung erforderte einige Umdispositionen und Terminverschiebungen, aber der Nutzen dürfte erheblich sein, denn je besser der Zustand war, in dem ich die Klinik verlassen würde, umso höher sollte die Motivation sein, zuhause weiterhin am Ball zu bleiben.

Und dass es noch einige therapeutische Novitäten geben würde, das wurde mir bereits angezeigt. Unter anderem das Unterwasser-Ergotraining, von dem Dr. med. Susanne Maurer-Wiesner in ihrem Referat am sapsTag gesprochen hatte. Darauf bin ich gespannt, sofern sich meine Badehose der sportlichen Herausforderung gewachsen zeigt.

Eine weitere Herausforderung zeigte mir heute die Limiten der Adipositas auf. Zwecks Analyse muss ich während 24 Stunden meinen Urin sammeln und in einen speziellen Behälter füllen, nachdem er zuerst mit einer Flasche aufgefangen wurde. Alle, die einem BMI von 40 und mehr haben, wissen wohl, dass sich in dieser Gewichtsklasse als Folge der Fettschürze die Richtung des kleinen Geschäfts nicht mehr zuverlässig steuern lässt. Nach dem Scheitern zweier mutiger Selbstversuche musste ich das medizinische Personal um Hilfestellung bitten, womit das Projekt auch ohne Verlängerung zum Erfolg geführt werden konnte.




29/9  Erste Erfolge

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:11

Ich darf mir selber auf die Schulter klopfen. Die bisherigen Therapien haben etwas gebracht. Heute Vormittag ging es zum zweiten Mal zu Fuss rund m die Klinik, auf dem gleichen pflästergesteinten Pfad, den ich letzte Woche schon einmal gegangen bin, in Begleitung „meiner“ Physiotherapeutin.

Diesmal hat sie mir ein Polar-Messband um die Brust geschnallt und verfolgt auf ihrer Uhr meinen Herzschlag. Beim letzten Mal hatte sie notiert, wie oft ich unterwegs Halt machen musste um Luft zu schöpfen und neue Kraft zu tanken. Es waren insgesamt 18 Zwischenhalte gewesen: zehn mal hatte ich mich am Viehzaun oder an Beleuchtungs-Stelen abgestützt, um wieder Schnauf zu fassen und acht mal hatte ich mich erschöpft auf eine Bank fallen lassen um auszuruhen, bis die Wanderung weiter ging.

Heute nun galt die Aufmerksamkeit meinem Puls, die Ruhepausen wurden diskret mit registriert. Ich ging und ging… bis mir der Herzschlag mit 114 Takten gegen die  Brust pochte… dann musste ich mich auf der nächsten Bank klein beigeben. Ich spürte, wie sich die Pumpe langsam beruhigte und bei 94 Schlägen ging die Reise weiter. Es war mir auch aufgefallen, dass ich Orte, an denen ich beim letzten Mal verharrt hatte, diesmal ausliess.

Im Ziel konnte sich die Bilanz sehen lassen: die Anzahl der Stopps hatte sich genau halbiert. Vier mal hatte ich mich hingesetzt, fünf mal war ich stehen geblieben. Und ich fühlte mich gut dabei. Ein ähnliches Resultat beim medizinischen Krafttraining, wo ich das Gefühl hatte, mich weit beweglicher in die Geräte hinein zu begeben als beim ersten Mal, obwohl ich hier rein aufgrund der Masse noch immer ein unförmiges Spektakel abgab und die braven Maschinen arg strapazierte…

Bei der Ergotherapie schliesslich fanden wir aufgrund der Fragebogen heraus, dass ich in keiner Tätigkeit, die mir wirklich wichtig war, so sehr eingeschränkt bin, dass ich sie nicht mehr ausüben konnte. Wenn aber die Therapie dazu führt, dass ich im Alltag etwas weniger beschwerlich leben kann, dann war die ganze Operation ein grosser Erfolg, auch wenn wir erst am Anfang eines Weges stehen, der noch weit sein kann.




28/9  Sonntagsruhe

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:16

Beim Frühstück liegt im Brotkorb ein golden glänzender Zopf. Und wir durften eine halbe Stunde länger ausschlafen bis zum täglichen Ritual der Blutzucker- und der Blutdruckmessung. Das Gewicht wird dann wieder am Montag erfasst.

Draussen füllt ein strahlender Spätsommertag das enge Tal aus und heizt den Vorplatz auf, man könnte sich nicht nach draussen setzen, so schön es auch ist. Zu heiss brennt die Sonne auf den Schädel. Und aus dem Radio ertönt zum x-ten Mal das Geklöne des Wirte-Vertreters über das undankbare Stimmvolk…

Ich schlendere durch die leeren Gänge und freue mich, dass dies doch täglich etwas leichter geht, schon liegt der Trainingsplan für Montag vor, er ist etwas gnädiger als er es die letzten Tage war, auf die Massage freue ich mich richtig. Gespannt bin ich auf die Lektion in Sachen Ergotherapie, wo es darum geht, mir das Leben im Alltag zu erleichtern. Hier habe ich einen Fragebogen ausgefüllt und dabei festgestellt, dass mir eigentlich nichts wirklich „fehlt“… Liegt dies daran, dass ich mich pragmatisch an meinen sukzessive reduzierten Möglichkeiten orientiere und nicht mehr dem Umstand nachtrauere, dass ich in meinem Leben weder aufs Matterhorn noch den Mount Everest steigen werde, auch in keinen Vulkankrater klettern und nicht durch die Wüste Gobi trampen…

Die allgegenwärtige Verfügbarkeit einzigartiger Herausforderungen ist dazu angetan, Frustration bei denen auszulösen, die am Erleben nur aus zweiter Hand teilnehmen können… so what? Mir reicht das, was ich (noch) kann vollauf. Wenn es zuweilen etwas leichter ginge, ohne Schmerzen und ohne dass die Lunge pfeift, nun gut, das würde ich eigentlich schon wollen.

Und da hilft mir die sonntägliche Meditation, das Vertrauen zu stärken, dass dies dank des hiesigen Therapieangebotes und dank der grosszügigen Krankenkasse zu einem guten Teil gelingen möge – auch wenn sich diesmal die Idee der Einheitskasse noch nicht durchzusetzen vermocht hat.




27/9  Faulenzen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:40

Was lässt sich sagen zu einem Tag voll Nichtstun. Nicht viel. Meine drei Zimmerkumpanen haben übers Wochenende Urlaub genommen. Ich bewohne jetzt die Vierbettensuite allein und kann den Fernseher an der Decke so laut stellen wie ich will. Im Speisesaal waren wir am Mittag etwa zu fünft und genossen die vollste Aufmerksamkeit des Servicepersonals.

Punkto Essen habe ich mich nun doch entschieden für die Variante „Wellness“ – so heisst die Diätkost – und zwar 50%, also nur die je halbe Portion. Schliesslich wäre es ja doch gut, wenn bis Ende nächster Woche noch mindestens ein weiteres Kilo herunter käme, rein symbolisch und von wegen der Motivation.

Die Nachtruhe hat der Muskulatur gut getan, der Weg ins Schwimmbad war heute Morgen fast problemlos, ich bin sozusagen stolz auf mich, dass es mir gelingt, von Tag zu Tag grössere Abschnitte am Stück zurückzulegen, ehe ich mich für eine Verschnaufpause hinsetzen muss…

Normalerweise führt mich der Weg vom Zimmertrakt im Untergeschoss – das nur so heisst, in Wirklichkeit aber nach hinten hinaus ebenerdig liegt, weil die Klinik am Hang gebaut ist – durch verwinkelte Gänge zu den Therapie-Räumen. Den Wänden entlang laufen Haltestangen, auf die ich mich stützen kann, und in jeder Abzweigung steht eine Sitzgruppe, die zum Verweilen einlädt.

Bei normalem Gehtempo wäre die Strecke in zwei Minuten zu bewältigen, ich benötig mit Zwischenhalten rund zehn Minuten, sitze dann da und sehe, wie meine MitpatientInnen in Rollstühlen vorbeirauschen, sich an Krücken der Wand entlang schwingen, dazwischen die flinken Schritte des Personals in seiner adretten Klinik-Kleidung weiss-blau…

Höflichkeit wird gross geschrieben. Bei jeder Begegnung wird gegenseitig gegrüsst, egal wie oft man sich im Lauf des Tages kreuzt. Man wird zu einer verschworenen Gemeinschaft, man ist aufeinander angewiesen. Heute habe ich allerdings den Rückweg über das Erdgeschoss gewählt und bin dabei am Kiosk im Empfangsbereich vorbei gekommen. Meine Güte! Was da alles feilgeboten wird an Leckereien, Schokolade, Backwerk, Getränken in Flaschen und Dosen…

Nie mehr, rufe ich mir sofort zu, nie mehr diesen Weg an der Versuchung vorbei! Sonst bringt die ganze Wellness-Diätkost nichts. Ein Glück nur, habe ich meine Brieftasche und all mein Geld im Tresor bei der Reception versiegeln und einschliessen lassen!




26/9  Rekreation

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:33

Der heutige Tag war hart. Am Abend winselt jeder Muskel um Gnade und das Knie schmerzt vom vielen Gehen – ich überlege mir, ob es nicht doch besser wäre, Schmerzmittel zu verlangen. Dabei waren nicht alle Therapie-Angebote gleichermassen belastend. Sieben Lektionen gab es heute zu absolvieren. Am einfachsten war die Rekreation.

Das geht so: Nicht nur das körperlich-organische Funktionieren soll hier wiederhergestellt werden, es geht auch um das geistig-seelische Wohlbefinden. Viele der Patientinnen sind durch ihre Krankheit in ihrer persönlichen Entfaltung eingeschränkt und können manches nicht mehr tun, was ihnen früher viel bedeutet hat. Sie können nicht mehr unter die Leute, nicht mehr auf Reisen, ihren Hobbies nicht mehr nachgehen… und am Ende der Spirale lauern Vereinsamung und Depression.

Um dieser Entwicklung vorzubeugen gibt es eine Rekreations-Abklärung, in der ermittelt wird, was die Leute vermissen und womit sie dies allenfalls kompensieren könnten. Wir führen ein Gruppen-Gespräch. Drei Männer und die Therapeutin. Sie hat unsere Krankenblätter studiert und weiss bereits einiges, das wir beim Eintritt ausgeführt haben. Jetzt entlockt sie uns behutsam unsere Ansichten und Erwartungen, die natürlich von Patient zu Patient unterschiedlich sind. Einer von uns ist im Rollstuhl, früher war er Bauer und der Aufenthalt in der freien Natur und bei den Tieren bedeutete ihm alles. Jetzt ist er im Ruhestand, aber in seiner Beweglichkeit eng begrenzt. Er lernt hier, dass er in der Hippotherapie mit Pferden arbeiten könnte – und blüht sichtlich auf beim Gedanken an diese Möglichkeit. Ein anderer ist in Behandlung wegen einer Lähmung. Hier wird klar, dass die Mitwirkung in einer Trommelgruppe mit Bongos für die Koordination seiner Bewegungen hilfreich sein könnte.

Ich selber erweise mich eher als beratungsresistent: zur Jass-Gruppe möchte ich nicht, dafür spiele ich nicht gut genug, Batik-Malen oder mit farbiger Wolle Tierlein basteln erfüllt mich nicht mit besonderem Lebensmut, auch dem Aquarell-Malen habe ich seit der Zeit in der Lehramtsschule abgeschworen, als es galt, das zeichnerische Rüstzeug für den Lehrerberuf zu erwerben… selbst die Gesangsgruppe ist nicht mein Ding, da wird in der verbleibenden Woche mit Sicherheit kein Bariton mehr aus mir.

Es sei, sagt Angela, die Therapeutin, alles freiwillig, keiner müsse etwas tun, das ihm nicht Spass mache. Ich bin einmal mehr beeindruckt von der professionellen Qualität und Sorgfalt, mit der hier gearbeitet wird. Am Samstag steht für mich nur eine Lektion im Wasser auf dem Plan. Der Rest ist frei für mein persönliches Rekreations-Programm, das leider in keiner Liste aufgeführt ist: fürs Plegern.




25/9  Muskelkater kommt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:50

Wer rastet rostet. Diese Erkenntnis des Volksmunds wird hier zur bitter fühlbaren Wahrheit. Die Kadenz der Therapie-Lektionen nimmt spürbar zu, gestern waren es noch vier, heute sechs und für morgen sind sieben Aktivitäten angesagt, teils in der Gruppe mit Eigenverantwortung, teils unter Anleitung eines persönlichen Coaches.

Am frühen Morgen ging es in flottem Tempo aus dem Bettentrakt in die Therapieräume… aber je öfter sich dieser Gang wiederholte, umso fühlbarer wurden die Schmerzen in Muskeln und Gelenken, gegen Abend schleppe ich mich gequält den Wänden entlang und wage gar nicht daran zu denken, wie es morgen früh sein wird. Entlastung bringt die Arbeit im Thermalbecken. Hier ist vorübergehend das Gewicht aufgehoben und wir üben spielerisch akrobatische Verrenkungen der Beine, fantastisch anmutende Tanzschritte, die dazu beitragen sollen, unsere Gelenke zu lockern, alles völlig schmerzfrei.

Wie anders hat sich am Nachmittag der Rundgang ums Haus angefühlt! Begleitet von der Physiotherapeutin ging es darum, einen Weg von einigen hundert Metern zu beschreiten, mit Blick auf die schöne Berglandschaft… eine Strecke, die ich zuhause und freiwillig schon lange nicht mehr zurückgelegt habe, und auch hier geht es etappenweise von Sitzgelegenheit zu Sitzgelegenheit, mit kleinen Verschnaufpausen dazwischen. Und je länger die „Wanderung“ dauert, umso qualvoller schleppen sich die Schritte dahin, am Schluss könnte ich mich auf den Boden legen… wenn ich jemals wieder in der Lage wäre, aufzustehen.

Jammern nützt nichts. Laufen, sagt die Therapeutin, sei die beste Medizin gegen Probleme beim Laufen… und sie ködert mich mit dem Versprechen, dass ich in zehn Tagen, am Ende der Kur, mit Bestimmtheit in einem anderen Tempo und mit weniger Beschwerden diesen Weg zurücklegen würde. Wir werden ja sehen. Im Moment fehlt mir noch der Glaube.




24/9  Es zieht an

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:22

Die einzelnen Therapie-Lektionen sind so angelegt, dass sie auf die aktuellen Stärken/Schwächen Rücksicht nehmen. Gleichzeitig gehen sie mit der Belastung konsequent an die Grenze des Möglichen. Nur so kann diese letztlich überwunden werden. Eine wichtige Erkenntnis bringt mir der heutige Tag, obwohl es eigentlich eine Binsenwahrheit ist.

Die Physiotherapeutin hat mir für den Anfang einige einfache Übungen aufgeschrieben, die ich möglichst oft für mich wiederholen muss, in Zwischenzeiten und in den sogenannt eigenverantworteten Therapie-Stunden. Zwanzig mal vom Sitzen aufstehen und wieder absitzen, ohne mich mit den Händen abzustützen… dies dreimal. Oder mit jedem der beiden Füsse nacheinander eine Treppenstufe hoch steigen und wieder zurück, ebenfalls zwanzig mal und mal drei.

Ich sitze auf dem Bettrand und stehe auf – wieder und wieder, aber nach den ersten Zwanzig macht sich ein stechendes Ziehen in der Beinmuskulatur bemerkbar, ich breche ab und ruhe mich aus. Da realisiere ich, wie anders es doch ist, wenn die nette Therapeutin neben mir steht. Auf mein schmerzliches Ächzen reagiert sie, zählt mit, spornt mich an, macht mir Mut – und ich reisse mich zusammen, will mich nicht blamieren, halte durch bis zum Ende der Übung, laut schnaufend zwar, aber zufrieden, dass ich es geschafft habe.

Später wird die Zeit gestoppt, in der ich eine bestimmt Strecke (es sind „nur“ 20 Meter!) gehen kann und wie lange ich brauche, um eine Treppe hoch zu kommen… Ich mache Belastungstests mit der Beinmuskulatur, um die aktuelle Kraft zu messen. Dann geht es auf den Hometrainer, wo ich zehn Minuten lang – die mir wie eine Ewigkeit vorkommen – vor mich hin strample, um kurz darauf im Wasser unter Anleitung verschiedene Lauf- und Gehbewegungen zu trainieren…

Ich glaube schon zu spüren, dass mir der Weg durch die langen Gänge zu den Therapie-Räumen mit jedem Mal etwas kürzer erscheint, dass ich weniger oft einen Zwischenhalt einlegen muss um Atem zu holen… Wenn dem schon am dritten Tag wirklich so ist, dann besteht Hoffnung, dass der Aufenthalt hier doch etwas bewirkt.




23/9  Ausgefragt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:19

Heute die ersten Therapie-Stunden. Sie beginnen damit, dass die freundlichen Therapeutinnen nach einem minuziösen Frage-Schema erheben, wo genau die persönlichen Schwächen sind, was man noch kann und was man an Leistungsfähigkeit eingebüsst hat. Die Fragestellungen sind auf schwerste Fälle ausgerichtet, in denen ein Patient völlig hilfsbedürftig ist und die einfachsten Verrichtungen nicht mehr selber vornehmen kann… Wenn ich das so höre und gleichzeitig sehe, wie es denen geht, die um mich herum im Rollstuhl sitzen oder sich mit grösster Mühe an Rollgeräten vorwärts bewegen, befällt mich so etwas wie ein schlechtes Gewissen: mir geht es noch viel zu gut, ich habe eigentlich gar kein Recht, hier eine Therapie zu „geniessen“, auch wenn ich mir natürlich von Herzen eine Besserung meines Zustands erhoffe.

Ein leiser Schreck befällt mich beim Mittagessen… wobei ich meinen gestrigen Bericht dahingehend ergänzen muss, dass mein Tischnachbar sich als eloquenter und belesener Gesprächspartner erweist – er muss gestern wohl einen harten Tag gehabt haben. Also: auf dem Menüplan stand eine Rindfleischroulade, vulgo Fleischvogel. Auf meinem Teller lagen jedoch lediglich drei hauchdünne Rouladen-Scheibchen, während die Mitessenden zur Rechten und zur Linken satte runde Fleischrollen aufgetischt erhielten… was soll das, fragte ich mich, bis ich sah, dass auf meinem persönlichen Speiseplan die Zahl 0,25 prangte, mit grüner Leuchtfarbe ausgezeichnet. Hoppla! Dann wird doch ernst gemacht mit der Schonkost: nicht nur „Friss die Hälfte“, sondern „FeV“ – Friss einen Viertel!

Am Abend dann überraschend wieder eine ganze Portion 1:1. Was hat das zu bedeuten? Das Service-Personal klärt auf: ich habe offenbar gestern bei der Vorbestellung ein Kreuz in einem falschen Kästchen gemacht, denn die Patienten haben es selber in der Hand, ihr Essvolumen zu  bestimmen. Das will sorgsam bedacht sein.




22/9  Eingecheckt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:17

Das Postauto fuhr flink die enge kurvenreiche Strasse hoch und hielt direkt vor der Klinik. Der Empfang ist freundlich und herzlich. Ein helles Viererzimmer mit einem etwas schmalen Bett wird für die kommenden zwei Wochen meine Residenz sein, die ich mit drei Mitbewohnern aus dem Balkan teile – so jedenfalls hört es sich an, wenn sie telefonieren.

Gründliche Examination durch die Stationsärztin, dann Mittagessen, als letzter Kunde, die andern sind längst wieder auf ihren ZImmern. Am Nachmittag zum EKG und anschliessend Besprechung mit den Therapeuten-Team, das den Plan für die Lektionen und Therapiestunden festlegt, die es für nötig und angemessen erachtet. Die Auswahl macht erwartungsfroh: Massagen gegen Muskelverspannung, Wassergymnastik, Physiotherapie, Ergotherapie, Kraft- und Ausdauertraining und eigenverantwortliches Training…

Das ist wohl das Wichtigste, denn daran hapert es leider: an der  Bewegungs-Aktivität aus eigenem Antrieb. Hier sollte ich Motivation gewinnen und auch nach der Kur noch dran bleiben!

Beim Nachtessen stellt sich heraus, dass mein Gegenüber am Tisch, Herr W., aus Deutschland kommt aber ausgesprochen mundfaul ist. Knapp erwidert er den Gruss, blickt dann unverwandt in seinen Teller und mampft das Essen eher missmutig in sich hinein – mal sehen, wie sich das entwickelt.

Morgen geht es los mit der Therapie.




21/9  Erwartungen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:09

Sie wurden nicht enttäuscht. Am Samstag fand der diesjährige sapsTag statt, und er hielt, was wir uns davon versprochen hatten. Zwei kompetente Referate mit hilfreichem fachlichem Input und eine anregende Demonstration eines Fitnessgeräts, das gerade bei Menschen wahre Wunder vollbringen soll, die Mühe haben, sich regelmässig zu bewegen.

Präsentationen und Bilder werden zu einem späteren Zeitpunkt auf der SAPS-Website aufgeschaltet und können dort eingesehen werden. Die Feedbacks der Anwesenden klangen übereinstimmend begeistert. Für einmal lag der thematische Schwerpunkt nicht auf der chirurgischen Adipositas-Therapie, sondern auf der sogenannten „konservativen“ Therapie, welchen durch eine Veränderung des Lebensstils die erwartete Gewichtsreduktion herbeiführen soll.

Die Leiterin des Adipositas-Zentrums in der Winterthurer Klinik Lindberg, Dr. med. Susanne Maurer-Wiesner zeigte auf, wie differenziert ihr Team auf die individuellen Bedürfnisse und die Ausgangs-Situationen der PatientInnen eingehen kann. Auch legte sie dar, dass es für die Behandlung eines Adipositas-Falls nicht bloss einen bestimmten therapeutischen Ansatz gibt, sondern dass es wichtig ist, innerhalb der Therapie verschiedene Modelle abwechselnd anzuwenden, weil der menschliche Organismus die Angewohnheit hat, sich an eine gegebene Situation zu „gewöhnen“ und deren Wirkung sozusagen auszutricksen.

Andrietta Räss-Bott erzählte von ihren persönlichen Erfahrungen mit der ernährungs-psychologischen Beratung, in der sie sich hatte ausbilden lassen, geprägt von ureigenen Erlebnissen im Umgang mit Adipositas und Übergewicht.

Schliesslich wusste das euer-coach-Team mit einer schmissigen Bewegungs-Demonstration  die Teilnehmenden mitzureissen und ihnen sogar ein freudiges Lächeln abzugewinnen. Das war fast mehr als zu erwarten war.

Erwartungen ganz anderer Art erfüllen mich allerdings heute, am Sonntagabend: morgen in aller Frühe geht die Reise los ins Bündnerland, zu einer Reha-Kur von zwei bis drei Wochen, wo man versuchen will, mir wieder etwa mehr körperliche Bewegungsmöglichkeiten beizubringen… Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet, gehe aber davon aus, dass man einen alten Mann nicht mehr über die Kampfbahn jagen wird und dass die Übungen auf meine physischen Möglichkeiten abgestimmt sind. Man wird ja sehen.

Und hier geht’s schon zu den Bildern und Referaten vom sapsTag!