30/11  Udos flapsige Juxereien

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 13:26

Als ich den Titel eines Interviews in der Berner Zeitung BZ online sah, stutzte ich. Ich hatte gelesen: „Die dümmsten Kinder essen am meisten Süsswaren“. Hoppla, sagte ich mir, was ist dies nun wieder für eine Kausalität? Lässt sich die Lust an Süssigkeiten neuerdings per IQ messen? Beim genaueren Hinsehen wurden aus dem „dümmsten“ dann allerdings die „dünnsten“ Kinder, und die Problematik nahm eine andere Wendung.

Das Interview mit dem Quer- und Andersdenker Udo Pollmer ist auf jeden Fall lesenswert, denn er bringt einige erfrischende Variationen in die Diskussion um die „zu dicke“ Hälfte der Schweizer Bevölkerung. Manches von dem, was er sagt, ist mit dem gesunden Menschenverstand zu fassen. In anderen Punkten wieder verkehrt er Ursache und Wirkung, stellt nachgewiesene Fakten in Frage und eigenwillige Bahauptungen auf… aber es ist grundsätzlich anregend, das eigene Wissen an seinen Theorien zu überprüfen.

Die ganze Übergewichts- und Präventions-Debatte ist nur dann sinnvoll, wenn wir unaufgeregt, ohne Panikmache und ohne Hektik mit wohl überlegten Massnahmen dort ansetzen, wo sich etwas bewirken lässt, sei es im Sinne der Vorsorge oder im Sinne der Therapie. Es geht nicht darum, wer „recht“ hat und wer nicht… es geht darum, denen zu helfen, die durch ihr übermässiges Körpergewicht so betroffen sind, dass sie gesundheitlich darunter leiden. Diese Betroffenheit und dieses Leiden lässt sich auch von Udo nicht mit ein paar flapsigen Sprüchen wegjuxen.




29/11  Süsses, oder…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:00

Ich weiss nicht, wie bekannt hierzulande beim „Volk“ die Kampagne „5 am Tag“ ist. Eine Initiative der Krebsliga und des Bundesamtes für Gesundheit, um den Verzehr von Früchten und Gemüse zu fördern, nach internationalem Vorbild: fünf Portionen „von allen Farben“. Als unlängst in einer Expertenrunde die Rede auf bestehende Aktionen kam, stellte ich fest, dass namhafte Mediziner nicht wussten, was „5 am Tag“ ist…

Eine Untersuchung zum Ess- und Snackverhalten der englischen Jugendlichen kommt nun zu einem neuen, weit dramatischeren Befund. Es scheint, dass die „reale, effektive“ Aktion „5 am Tag“ bei den UK-Kids aus Schokolade, Chips und Energy-Drinks besteht. Das hat die Befragung von 2’000 Jugendlichen zwischen 11 und 16 Jahren ergeben. Ein Drittel dieser Kinder ist heute übergewichtig oder adipös.

Und so sieht ihr durchschnittlicher täglicher Snack-Konsum aus:  eine Tüte Chips, ein Schokoriegel, eine Packung weicher Zuckerbonbons, eine Brauselimo und ein Energy-Drink. Dies bedeutet, dass die Kinder täglich 30 Teelöffel Zucker zu sich nehmen (118 Gramm), mehr Fett als es in einem Cheeseburger hat, und über einen Drittel ihrer täglichen Kalorien-Aufnahme aus diesen Snacks beziehen…

Für Dr. Victoria Taylor, die Ernährungsspezialistin der britischen Herz-Stiftung, ist dieser Befund alarmierend. Die Stiftung will deshalb in über 30 Schulen versuchsweise „gesunde“ Verpflegungs-Automaten aufstellen. Ein Experiment, das bei uns vom BAG mit Selecta bereits erfolgversprechend eingeleitet wurde.




28/11  Bauchsachen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:39

Er ist ins Gerede gekommen, dieser Tage, der Bauch. Sein Umfang ist unter Umständen ein Indiz dafür, dass der oder die BauchträgerIn ein möglicherweise erhöhtes Risiko hat, im späteren Leben an einem seriösen Leiden zu erkranken oder gar vorzeitig zu sterben.

Umso erfreuter war ich heute auf dem Heimweg von einer Sitzung mit dem Aktionskomitee gegen kardiovaskuläre Krankheiten, als ich im Zürcher Hauptbahnhof hoch über meinem Kopf an der Seite gegen die Bahnhofstrasse auf der riesigen Werbe-Leinwand drei gewölbte Männerbäuche munter im azurblauen Wasser planschen sah – virtuell natürlich, als elektronisches Abbild eines Werbespots. Nicht irgendwelche Bäuche waren es, sie gehörten den drei Bahn-Propagandisten Sergio, Benoit und Beat, abgekürzt SBB. Sie warben fröhlich für Ferienziele im Wasser, zu denen man natürlich per Bahn gelangen kann. Zum Glück, sagte ich mir, gibt es hier so etwas sie eine Rehabilitation des Bauchs, sind es keine fotoshop-gestylten Badenixen, die da ihre schlanken Luxuskörperchen räkeln, sondern gestandene Mannsbilder mit etwas Wampe, auch wenn mir die drei sonst eigentlich auf den Keks gehen.

Und wenn wir schon beim Bauch sind: die Sache mit dem Bauchumfang, über den die Medien seit Tagen berichten, hat für einige Verwirrung gesorgt. Denn es ist nach wie vor nicht eindeutig klar, wo und wie dieser gemessen werden soll. Ist es der „Umfang“ an der breitesten Stelle, wie der Begriff eigentlich vermutgen liesse? Oder ist es der Taillen-Umfang, der eigentlich am schmalsten sein sollte? Soll das Messband auf Höhe des Bauchnabels angesetzt werden? Auch wenn dieser Nabel durch die Schwerkraft des Bauchs bös nach unen verschoben ist? Oder ist zu messen nach einer Formel „fünf Finger unter dem unteren Rippenbogen“… Soll man dabei den Bauch einziehen? Soll man ihn herausstrecken? Oder ganz locker lassen?

Wikipedia hat eine präzise, wenn auch komplizierte Anweisung: Der Bauchumfang (engl. waist circumference) bezeichnet den in der Mitte zwischen dem unteren Rippenbogen und der Oberkante des Hüftknochens (etwa zwei Querfinger oberhalb der Oberkante des Beckenkamms) gemessenen Körperumfang. – Alles klar?

In der heutigen PULS-Sendung wurde glücklicherweise in der Sache Klartext gesprochen, durch den eBalance-Experten Philippe Beissner. Die in der aktuellen Studie genannten Werte (BMI und Bauchumfang) sind kein absoluter Massstab für den effektiven Gesundheitszustand. Sie sind ein Indikator dafür, dass – in Kombination mit anderen Risiko-Faktoren – allenfalls ein erhöhtes Gefährdungspotenzial bestehen könnte, später an einer Begleiterkrankung zu leiden… aber das muss nicht sein, das hängt von einer ganzen Reihe von weiteren Faktoren ab, die fachlich analysiert und beurteilt werden müssen. Die Messung allein sagt noch nichts aus. Man sollte sich dadurch unter keinen Umständen ins Bauchshorn jagen lassen.




27/11  Ein Lichtlein brennt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:22

Es ist, als wäre ein Schalter herumgelegt worden. Aus dem Radiolautsprecher tönen Weihnachtslieder, durch die TV-Spots toben SantaCläuse, die Häuser sind plötzlich mit Lämpchengirlanden verziert und am Einkaufszentrum hängen abertausende von LED-Birnchen… in den Zeitungen tauchen Geschenksideen auf, Rezepte für Zimtsterne und Mailänderli quellen aus dem Briefkasten… Und auch wenn keinerlei weihnächtliche Stimmung aufkommen mag angesichts der schneefreien Dürre allüberall, so ist es nicht zu übersehen: der Advent ist da.

Mithin also auch die Zeit der Firmenessen, der Jahresbilanzen, des gemütlichen Beisammenseins… angefangen mit den vielen Metzgeten, die landauf und ab für Stimmung sorgen (einen Traum aus Blutwurst, Leberwurst und zartem Schnörrli habe ich schon hinter mir). – Mein Arzt weiss, warum er denTermin für die nächste Gewichtskontrolle so nah wie möglich nach Neujahr gelegt hat. Einige Tage konnte ich noch herausschinden, zwecks Normalisierung, aber der Auftrag ist klar: vernünftig Mass halten! Genuss darf zwar sein, aber eben nicht im Exzess, nicht im Sinne der Völlerei als Selbstzweck, auch wenn es noch so gut wäre.

So haben wir denn am heutigen ersten Adventssonntag ein Zeichen gesetzt. Nach einem späten Brunch gab es erst am Abend wieder etwas: einen Teller Suppe und einen Salat mir warmen Champignons. Wenn das kein gutes Omen ist. Jetzt nur nicht in die Nähe des Kühlschranks geraten…




26/11  Nachwirkung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:39

Die gestrige Arena-Sendung hat ein vielfältiges Echo ausgelöst, sei es in persönlichen Mails oder in verschiedenen Foren. Eines zeigen die Reaktionen: mediale Botschaften sind flüchtig und kommen beim Betrachter oft nicht so an, wie sie eigentlich gemeint waren. So kommt es denn auch zu widersprüchlichen Feedbacks, die in meinem Fall von Lob und Zustimmung bis zum enttäuschten Austritt aus unserer Stiftung reichen… glücklicherweise überwiegt die Zustimmung, aber man fragt sich dann doch: Habe ich mich so ungeschickt ausgedrückt, dass gerade das Gegenteil von dem verstanden wurde, was ich gemeint habe?

Wie auch immer: Das Thema ist im Gespräch und das ist das Wichtigste. Meinungsbildung tut not, nur wenn die Argumente ausgetauscht werden, lässt sich etwas bewegen, so aussichtslos dies im Moment auch scheinen mag.

Ein gutes Beispiel sind die „Plakate mit dem breiten Schlitten“, die von einigen Diskussionsteilnehmern genannt wurden. Zwar wurde auch gesagt, dass Plakate ein untaugliches Mittel seien, um das Verhalten der Menschen zu ändern… Sicher, das wussten auch die Leute, die diese Plakat-Kampagne lanciert hatten. Aber bei dieser Aktion ging es nicht um eine konkrete Hilfe für Betroffene, sondern es ging darum, das Thema der Übergewichtsproblematik ins allgemeine Bewusstsein zu rufen. Dies ist offenbar auch bestens gelungen, denn nicht nur entbrannte eine hitzige Diskussion unter Fachleuten und Politikern, die Nachwirkung war und ist so intensiv, dass heute, nach vier Jahren, noch immer über diese Plakate gesprochen wird, wie unsere Arena-Diskussion gezeigt hat. Welche andere Plakat-Kampagne ist nach vier Jahren noch so plastisch in Erinnerung? Das ist ein rückwirkendes Kompliment an die damaligen Verantwortlichen. – Aber auf der Suche nach Lösungen gilt es nach vorne zu blicken. Und das müssen wir mit vereintgen Kräften tun.




25/11  In der Sendung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:45

Was am meisten auffällt: das ARENA-Studio ist winzig. Alle sind nah aufeinander, was am Bildschirm nach einem grossen Schauplatz aussieht, ist in Wirklichkeit ein dicht gefüllter Raum, in dem sich alle quasi auf Armlänge gegenüberstehen… – Die Sendung wird „live aufgezeichnet“, das heissgt: sie wird um sechs Uhr so produziert, als würde sie direkt ausgestrahlt. Im Hintergrund läufdt eine Uhr, die ist so eingestellt, dass sie die effektive spätere Sendezeit anzeigt, so dass die Moderatorin von Start weg die „richtige“ Laufzeit der Diskussion im Auge hat.

In der Mitte die vier Kontrahenten.Man kennt sich, kennt aus früheren Begegnungen die Argumente, und doch ist die Begegnung immer wieder neu und spannend, denn jeder „spielt“ verständlicherweise für sein Publikum. Ist man im inneren Kreis, hat man keine Zeit, denGesprächs-Bogen als Ganzes zu überblicken. Man folgt zwar der Diskussion, überlegt sich aber schon, was man als nächstes sagen soll, wenn man denn drankommt. Und da man in der Regel nicht mehr Argumente aufgreifen kann, die schon vorbei sind, muss man seinen Beitrag laufend adaptieren…

Jedenfalls bin ich gespannt, wie sich das dann beim Zuschauen am Bildschirm ausnimmt. Ob man seine Punkte glaubwürdig rüber gebracht hat? Ob die ganze Diskussion etwas beiträgt zur Meinungsbildung? Ob sie auch denen etwas bringt, die nicht schon alles wissen? Oder am Ende auch solchen, die es eigentlich gar nicht wissen wollen? Warten wir ab und schauen wir zu.




24/11  Am Vorabend

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:09

Heute habe ich den ganzen Tag in einer Sitzung verbracht. Auch das muss sein. Interessant war aber die Diskussion am Rand und in der Pause. Natürlich ging es um die jetzt aktuelle Thematik der neuen Zahlen der Übergewichtigen in der Schweiz. Und darum, dass ich für morgen Abend in die ARENA im Schweizer Fernsehen aufgeboten bin, wo es um eben dieses Thema und um die Frage gehen wird, ob der Staat sich denn überhaupt um die Gesundheit seiner Bürger kümmern solle oder ob nicht vielmehr alles der individuellen Eigenverantwortung zu überlassen sei.

Zum Glück gab es viele Unwissende und Skeptiker, so dass ich meine Argumente schon mal probeweise ins Feld führen und testen konnte. Bin gespannt, wie viel davon mir bis morgen noch bleibt und ob die Argumente dann auch zu überzeugen vermögen. Wenn man selber an etwas glaubt, heisst das ja noch nicht, dass andere einem folgen müssen. Zum Glück gilt auch hier die Eigenverantwortung. Dies ist ein guter Grund, nun eigenverantwortlich ins Hotelbett zu steigen und einige Augen voll Schlaf zu fassen, ehe am Morgen wieder die ersten Züge direkt vor meinem Fenster durch den Bahnhof Lausanne donnern.




23/11  Kein fettes Monster

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:35

Hut ab vor der kleinen Jessica! Sie ist sieben Jahre alt und hat ein Buch geschrieben und gezeichnet, in Ich-Form. Es handelt von einem dicken Mädchen, das wegen seines Übergewichts gehänselt und gemobbt wird. Not Fat Because I Wanna Be heisst das Buch, was sich etwa übersetzen lässt mit: Ich bin nicht dick, weil ich es nicht sein will.

Im richtigen Leben heisst sie LaNiyah Bailey, ihr Motto lautet: „Ich bin schön. Ich werde geliebt. Ich lasse nicht zu, dass andere mir sagen, wie ich bin. Mobbing ist nicht cool.“ . Mit drei Jahren begann LaNiyah Gewicht anzusetzen und kam unter Druck, wurde vom Kinderarzt zu einer Diät verdonnert und durchlebte alle Phasen des Kampfs gegen ihr Gewicht.

„Seit dem Kindergarten machen mich die andern fertig, weil ich zu fett sei“, sagt sie. Schmerzlich musste sie erfahren, wie verletzend Wort sein können. Da beschloss sie, sich auf ihre eigene Weise zur Wehr zu setzen. Und das kam gerade rechtzeitig, denn in den letzten Jahrzehnten hatte sich die Adipositas bei Kindern verdreifacht, Fälle von Mobbing unter Jugendlichen mit tödlichem Ausgang hatten sich in mehreren US-Staaten gehäuft…

So verwundert es denn nicht, dass das Buch von LaNiyah in vielen Schulen als offizielles Lehrmittel benutzt wird, um auf die Problematik aufmerksam zu machen, und dass es in die Anti-Mobbing-Kampagne von Präsident Obama einbezogen wurde. Wie die jugendliche Autorin sagt: „Wir sind nicht die Monster, zu denen uns die andern machen wollen!“




22/11  Schlafen und spielen!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:18

In einer europaweiten Studie wurden das Essverhalten, die Fernseh-Gewohnheiten und die Bewegungsmuster von Kindern erfasst und ausgewertet. Die Resultate wurden Ende Oktober an einem Kongress in Madrid präsentiert.

Die Erkenntnis ist nicht ganz neu, aber doch eine Bestätigung früherer Einsichten: Kinder, die genug schlafen, nicht zuviel TV schauen und sich ausreichend spielerisch bewegen, essen gesünder und sind weniger übergewichtig…

Einmal mehr wurde ein direkter Zusammenhang zwischen dem kindlichen Körpergewicht und der Zeit festgestellt, die Jugendliche vor dem Bildschirm verbringen. Dabei ist nach wie vor nicht geklärt, ob dies daher rührt, weil sich die Kinder zu wenig bewegen oder weil sie vor dem Bildschirm zu viel und zu ungesund essen… Fakt ist jedenfalls, dass Kinder, die beim Essen TV gucken, mehr Süsses zu sich nehmen als ihre Altersgenossen bei TV-freien Mahlzeiten.

Auch gibt es einen nachweislichen Zusammenhang zwischen Schlaf-Dauer und Übergewicht. Kinder, die länger schlafen und ausreichend im Freien spielen, sind weniger oft übergewichtig. – Der Studienleiter zieht daraus den Schluss, dass es – was die Möglichkeiten zur Bewegung beim Spiel betrifft – vor allem davon abhängt, wie die urbane Umgebung für die Kinder gestaltet ist. Es sei müssig und ungerecht, den Eltern einen Vorwurf zu machen, dass sie zu wenig auf das Gewicht ihrer Kinder achteten, wenn diese gar keine Möglichkeit hätten, sich ausserhalb der Wohnung im Spiel auszutoben. Dies müssten die Städteplaner künftig konsequenter berücksichtigen.

Solche Studien vermitteln keine „neuen“ Fakten, sie bestätigen jedoch, was man bereits weiss, was aber noch nicht überall die nötige Beachtung findet und gefunden hat. Wer glaubt, in der Bevölkerung sei dafür ein breites Verständnis vorhanden, der möge die Leser-Reaktionen auf mein Interview bei TA-online lesen…




21/11  Nachhall

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:41

Die gestrige Publikation der neu erhobenen Werte für den Anteil übergewichtiger Menschen in der Schweiz hat Staub aufgewirbelt. Den ganzen Tag über gab es Anfragen von Medien, die eine Stellungnahme wollten. TV-Intervies, Telefongespräche, schriftliche Beantwortung von Fragen.

Erstaunlich gross ist die Anzahl der Publikumsreaktionen, welche diese Zahlen in Frage stellen, die Messmethoden anzweifeln, dem Bundesamt für Gesundheit gar Manipulation und Miesmacherei unterstellen, wie dies etwa im Forum des TagesAnzeigers-Online zum Ausdruck kommt.

Die Missverständnisse greifen epidemisch um sich: ein Mann mit BMI 22, der aber einen Bauchumfang von 95 cm hat, schliesst daraus, dass er nun in die „Hochrisikogruppe“ für Herzinfarkt gehöre… das ist Blödsinn und Schabernack! Wer die „Grenzwerte“ für ein „gesundes“ Körpergewicht überschreitet, ist nicht automatisch schon im „Hochrisiko“, denn diese Werte markieren bloss die Grenze, den Anfang eines möglichen Risikos. Und zudem ist der Bauchumfang nur eines von verschiedenen Indizien für ein möglicherweise erhöhtes Risiko, das deswegen noch lange nicht zwangsläufig eintreten muss.

Interessant ist die Information aus dem Bundesamt für Gesundheit, dass die ca. 1’500 Probanden der Studie, die – nebenbei – zu diesen Zahlen geführt hat, nicht „repräsentativ“ ausgewählt wurden, sondern sich freiwillig zur Verfügung stellten, so dass angenommen werden kann, dass schwer Übergewichtige an dieser Studie gar nicht teilgenommen haben, dass die Anzahl der „Dicken“ also in Wirklichkeit noch etwas höher liegen würde. Was auch deshalb als plausibel erscheint, weil die Schweiz mit diesen neuen Zahlen immer noch unter dem europäischen Durchschnitt liegt und es keinen Grund zur Annahme gibt, dass das Schweizer Volk durch Gottes Fügung deutlich schlanker wäre als die Restbevölkerung Europas…

Was ist die Quintessenz? – Panik und Hysterie sind nicht angezeigt. Auch kein überstürztes Handeln. Aber die Initiativen zur Prävention und zur Unterstützung der Massnahmen, die ein gesundes Körpergewicht begünstigen, sind zielgerichtet fortzuführen. Da mögen die Interessenvertreter des Gewerbes und die Rechtspopulisten noch so täubeln… die Zahlen lügen nicht.