17/12  Spiessrutenkaufen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:14

Die ganze suggestive Macht der umsatzfördernden Werbemassnahmen im Grossverteiler ist mir heute wieder so richtig bewusst geworden, als ich mich mit meinem Zettelchen in der Hand und dem Einkaufswägeli durch das dichte Gewühl all derer gekämpft habe, die – wie ich – offenbar nur am Samstagvormittag Zeit haben, ihren Kühlschrank aufzufüllen.

Ich hatte mir vorgenommen, diesmal streng nach der eBalance-Einkaufsliste vorzugehen, denn Anfang Woche steht mein Arzttermin bevor und da möchte ich mir übers Wochenende kein mutwillig angeschlemmtes Gramm leisten, sondern mich strikt an die Rezeptvorgaben halten. Was nicht eingekauft ist, das kann auch nicht dick machen.

Und da hat es mich von allen Seiten überfallen: Riesige Körbe mit Kilosäcken voller Spanischnüssli, hohe Stapel 500g-Schokoladetafeln zu Sonderrabatt-Preisen und festlich eingepackt, ganze Regale vollgestopft mit Panettone-Schachteln, beigenweise die schönsten Nikoläuse und Weihnachtsengel aus Lebkuchen und Zuckerguss, Kisten mit Zimtsternen und Brunsli in allen Grössen, Tonnen von Knabbergebäck und Champagnerflaschen schon für Silvester, geschmackvoll assortierte Fleisch- und Käseplatten zu Gebirgen aufgetürmt, Chips in allen Geschmackssorten und in der extragünstigen Riesenpackung… es war mir als würde jemand irgendwo den Leuten zurufen: „Kauft, kauft und esst, es hat genug, wer weiss, ob Morgen noch etwas von dem Segen da ist…“

Und ich mit meinem Zettelchen, auf der Suche nach einer Packung Tofu, einem vietelfetten Käse, einer Rande, etwas Sellerie und Lauch und zwei Peperoni… – Aber an der Kasse, wenn man sieht, wie die andern ihre vollgestopften, hoch aufgeschichteten Wagen aufs Förderband umladen und wie der Kassenzettel sich unaufhörlich ruckelnd in die Länge schiebt, dann verspürt man das gute Gefühl, heil wieder der Konsusmhölle entronnen zu sein, ohne Fehltritt und ohne Reukauf und ohne der schieren Versuchung erlegen zu sein… bis auf das eine Glas Konfitüre: „Holunderblüten“ steht drauf, und „NEU!“ Aber die kann man zum Frühstück in kleinsten Portionen geniessen.