15/5  heute

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:34

Wenn hierzulande eine neue Zeitung auf den Markt kommt, ist das allemal ein Ereignis. Der Countdown für die Lancierung der neuen Ringier-Publikation, die als Gratis-Pendlerzeitung das Abendwissen der modernen Arbeitsnomaden aufpeppen soll, wurde unüberhörbar in allen Medien mitgezählt, und jetzt ist es also passiert.

Als im um 18 Uhr, von einer Sitzung in Solothurn kommend, im Zürcher Hauptbahnhof eintreffe, sind die Blattverteilerinnen allgegenwärtig und gleich von zwei Seiten wird es mir entgegen gestreckt. Ich bin ein dankbarer Nehmer, nachdem ich gesehen habe, wie mehrere Passanten vor mir dankend abgelehnt haben, wohl in der Meinung, es handle sich um den guten alten Wachtturm. Ich hatte schon befürchtet, die Ständer könnten leergeräumt sein, da das Blatt bereits um 16 Uhr aufgelegt wurde.. aber die Furcht war unbegründet. Als ich in Oerlikon wieder ausstieg, standen die Behälter vollgestopft am Perron-Rand, wie man es bisher nur vom unäglichen U1-TV-Heftli an den Tramhaltestellen kennt.

Vielleicht müssen die Heimwärtspendler sich zuerst an den Gedanken gewöhnen, dass sie jetzt nicht mehr von einem ereignisreichen Arbeitstag ausspannen und langsam sich auf das Bier zuhause vor der TV-Kiste einstimmen können, sondern dass zuvor noch eine neue informationsmässige Herausforderung auf sie wartet, die es zu bewältigen gilt, ehe sie all das, was sie am Morgen schon und den ganzen Tag über am Radio gehört, dann im heute gelesen haben, nochmal auf dem Bildschirm vorgesetzt bekommen.

Früher gab es die klassische mediale Arbeitsteilung: „la radio annonce, al télé montre, le journal explique“ (zu Deutsch: das Radio kündet an, das Fernsehen zeigt’s und die Zeitung erklärt die Zusammenhänge). Das hat sich mit den Gratis-Pendler-Medien verändert. Sicher hat 20min eine ganze Generation neu zur Lektüre des im SMS-Stil aufgemachten Kürzestfutters gebracht und eine Leserschaft zurückgewonnen, die sich vom gedrucken Wort abgewendet hatte. Und am Morgen ist ein gewisser News-Hunger da, der gestillt werden muss, wenn man am Arbeitsplatz mitreden will. Aber wie ist das am Abend? Wer will was wirklich wissen?

Wir werden es sehen (bzw. lesen). Ich habe die erste Nummer voller Neugier durchgeblättert, in der Hoffnung, es gebe da irgendwo auch eine Gesundheitsrubrik, die vielleicht gelegentlich über „unser“ Thema berichten würde, eine Redaktion, die die Nase vorn hat und nach einem Primeur lechzt… Aber das wird sich weisen müssen. Die heutige Ausgabe von heute lässt noch keine Schlüsse zu. Und wer sie noch nicht gesehen hat, kann zumindest einen elektronischen Blick auf die Online-Ausgabe erhaschen.

Das eigentliche Adipositas-Thema wurde heute von der Info-Redaktion von bluewin aufgearbeitet: es geht um die Versorgung schwerst übergewichtiger PatientInnen in den US-Spitälern. Die Thematik wird bei uns über kurz oder lang auch akut.