23/2  Doch (k)ein Werbeverbot?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:33

Vom Hörensagen lernt man Lügen. Und wo Worte geklaubt werden, ist der Missbrauch nicht fern. – Aber da ging heute ein Aufatmen durch die Reihen derer, denen der Kampf gegen die grassierende Übergewichts-Epidemie ein Anliegen ist. BigMac-Werbung für Kids verbieten – so lautete heute in heute eine kleine Nachricht.

Der Bundesrat will Werbung für Lebensmittel und Getränke mit hohem Fett-, Salz- und Zuckergehalt in Kindersendungen verbieten. Er will dies laut heutiger Mitteilung gesetzlich verankern.

Aha, denkt da der bewusste Bürger, nun haben sie in „Bern“ die Zeichen der Zeit erkannt. Eben noch las man, dass die Regierung in England ein entprechendes Werbeverbot im Umfeld von TV-Sendungen, die sich an Kinder richten, erlassen hat. Und nun hat unser tüchtiger Bundesrat das Gleiche beschlossen und sich an die Spitze derer gestellt, die der Adipositas den Kampf angesagt haben. Bravo!

Wirklich? – Wenn man die Antwort des Bundesrates auf eine entsprechende Anfrage von Nationalrat Heiner Studer (EVP) liest, dann erhält man eine völlig andere Auskunft. Studer hatte Mitte Dezember auf die Pläne in England hingewiesen und den Bundesrat gefragt, ob er bereit sei, ein ähnliches Verbot ins Auge zu fassen, ob er die gesetzlichen Grundlagen für einen solchen Entscheid als ausreichend erachte und ob er bereit sei, dem Parlament eine entsprechende Anpassung des Radio- und Fernsehgesetzes zu unterbreiten.

Am 21. Februar hat der Bundesrat geantwortet. Er weist darauf hin, dass der Gesetzgeber bei der Revision des Radio- und Fernsehgesetzes im Interesse der Kinder verboten habe, dass Kindersendungen durch Werbung unterbrochen werden und dass Werbebotschaften mittels dem sog. Splitscreen (Einblendungen auf dem Bildschirm) und Product Placement in Kindersendungen geschmuggelt werden. Das hält der Bundesrat für ausreichend. Weiter will er (wohl im Interesse der markt- und Werbefreiheit) nicht gehen. Mit diesen „Verboten“ sei den Anliegen des Jugenschutzes Genüge getan.

Meint der Bundesrat. Dumm nur, dass er hier etwas „verboten“ hat, was im Programm gar nicht stattfindet! Niemand hat bei uns eine Splitscreen-Einblendung gesehen, für eine Werbe-Unterbrechung sind die Kindersendungen ohnehin zu kurz und Prduct Placement ist ein weites Feld, wenn Live-Übertragungen aus dem Europa-Park gesendet werden und als Moderator im Disney-Club der Mister Gummibärchen persönlich auftritt…

Die vermeintliche News entpuppt sich also als Null-Meldung. Es wird sich gar nichts ändern. Der Bundesrat hat sich vor der Werbe- und Wirtschaftslobby geduckt, es wird kein Zeichen gesetzt… denn obwohl die gesetzlichen Grundlagen für den Erlass eines Werbeverbots auf dem Verordnungsweg vorhanden sind, wird ein solches im Moment als unverhältnismässig angesehen. Und es besteht kein Handlungsbedarf.

Im Herbst dieses Jahres sollen dem Bundesrat Vorschläge für Massnahmen zur Eindämmung der Adipositas und des Übergewichts bei Kindern und Jugendlichen unterbreitet werden. Wenn die Antwort auf die die Anfrage Studer den Stil zeigt, wie mit dem Thema ungegangen werden soll, dann gute Nacht!