17/4  Vorbereitung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:55

Ich weiss nicht, wie viele Kalorien das verbraucht. Es ist eine spezielle Kraftbewegung. Man fasst die Seiten mit beiden Händen, schaut, dass es nicht zu viele sind, fügt die beiden Daumen nahe zueinander und zieht dann die eine Hand entschlossen gegen sich, während man die andere Hand kräftig von sich wegstösst. Dort, wo sich dei beiden Daumen fast berühren, müsste nun das Papier einzureissen beginnen. Zuerst nur mit einem kleinen Riss, der sich aber, einmal angerissen, schnell verlängert und schliesslich – ratsch! – über die ganze Seite läuft, so dass man mit einem Ruck in jeder Hand eine Hälfte hält.

Sie merken: es geht darum, Akten von Hand zu zerreissen. Denn es steht in unserer Stiftung wieder mal ein Umzug an, irgendwann im Mai oder Juni. Aber jetzt ist die Zeit günstig, vorbereitend die alten Papiere zu sichten, so weit sie nicht in Ordnern eingeheftet sind. Die Arbeitsunterlagen, von denen es mehrere Exemplare gibt, müssen den Weg in die Kehrichtverbrennung gehen. Über den Zürisack in den Container und in den Ofen. Aber weil man nie weiss, welchen Weg der Container nehmen wird, ist es vorsichtiger, die Akten, je nach ihrem persönlichen Vertraulichkeitsgrad, in grössere oder kleinere Teile zu zerreissen. Zwei, vier oder acht…

Vier Stunden habe ich heute so zugebracht, fünf Säcke aufgefüllt, so schwer, dass man sie gar nicht mehr an der Schlaufe tragen kann, sondern mit einem Rolli zum Container befördern muss. Und die Schwere steht symbolisch für all den Knatsch, die Kämpfe, die Auseinandersetzungen, Prestige-Fights um einzelne Formulierungen, Text-Passagen… Wie viel Herzblut, Schweiss und Tänen stecken in diesen Dossiers! Wie viele Arbeitsstunden, Sitzungen, nächtliche Schreibarbeiten, Vernehmlassungen per Fax oder eMail… und jetzt wird das alles weggeschmissen, dem Orkus des Feuers übergeben und in Fernwärme umgewandelt…

Ein halbes Tablar meines Büchergestells ist abgearbeitet. Es bleibt noch viel zu tun. Und es ist eine nostalgiebeladene Achterbahnfahrt durch die zurückliegende Stiftungsgeschichte, als Konzentrat auf den Punkt gebracht. Nur keine Sentimentalität vortäuschen! Was fort ist, ist fort und muss nicht in die Zügelkisten… und vieles davon ist eh noch auf elektronsichen Datenspeichern verewigt. – Das ist die grosse Erleichterung, die jeden Umzug begleitet: dass man Ballast abwerfen, sich erleichtern kann, den papierernen BMI sozusagen im Handstreich (oder per Handriss) herunter zu schrauben. Ritsch und ratsch und weg. Und eine ganze Schachtel von Büroklammern fällt obendrein noch an, ganz zu schweigen von dem bunten Stapel an etwas ausgebeulten und leicht vergilbten Klarsichtmäppchen. Doch die lassen sich wieder glatt pressen.