30/8  Verweigerung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:11

Als Nationarätin Ruth Humbel-Näf vor einiger Zeit den Vorschlag in Umlauf brachte, Patienten mit höherem Risiko, die nichts dagegen unternehmen – wie Übergewichtige – könnten ev. mit einem höheren Selbstbehalt belegt werden, da haben wir uns wacker empört und auf die Solidarität der Versicherten untereinander gepocht.

Aber der Humbel’sche Versuchsballon mutet wie sanfter Schalmeienklang an, wenn man ihn mit neuen Trends in der Krankenversicherung vergleicht. Wir wissen aus früheren Umfragen, dass viele Kassen schon vor Jahren damit begonnen haben, Patienten mit höheren BMI genauer unter die Lupe zu nehmen und gegebenenfalls von einer Zusatzversicherung auszuschliessen. Weshalb wir von Zeit zu Zeit allen übergewichtigen KassenpatientInnen empfehlen, bei einem Kassenwechsel NUR die Grundversicherung zu künden und neu abzuschliessen, da sie mit Sicherheit keine neuen Zusatzleistungen bekommen werden.

Nun hört man aber von einer ganz neuen Praxis, die von einzelnen Kassen angewendet wird: die Zusatzversicherung wird abgeschlossen, die Prämie wird kassiert… aber still und heimlich wurde ein Passus eingeführt, der alle Krankheiten von der Versicherung ausschliesst, die durch Übergewicht verursacht sind oder die zu Übergewicht führen können. Und wenn man diese pauschale und diffuse Aussage entsprechend interpretiert, gibt es ausser Migräne und Aids kaum noch irgendeine Krankheit, bei der die Kassenwarte nicht den Vorbehalt geltend machen könnten. – Sie kassieren, aber brauchen nicht zu leisten. Abzocke in Reinkultur. Da hilft es nichts, wenn der Gesundheitsminister von stabilen Prämien spricht… und dafür heimlich die Leistungen heruntergeschraubt werden.

Von den rund drei Milliarden Franken Gesundheitskosten, die durch die Adipositas und ihre Folgekrankheiten verursacht werden, fällt lediglich ein einziges Prozent auf die direkte Therapie des Übergewichts. Die andern 99 Prozent werden für die zum Teil lebenslängliche Behandlung der Krankheiten aufgewendet, die durch das Übergewicht ausgelöst werden. Eine wirkungsvolle Prävention und Behandlung könnte hier zu massiven Einsparungen auf lange Sicht führen. Aber die Kassen-Oekonomen haben den Jahresabschluss und die Kurzzeit-Rendite im Auge. Was braucht es, bis ein Umdenken stattfindet?