22/10  Ampelmännchens Wachtparade

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:19

Das mit den Ampelweibchen haben die Grünen in Bern ja ganz geschickt eingefädelt: kurz vor dem endgültigen Höhepunkt des Wahlkampfes haben sie vor einer Woche noch rasch das wirklich relevante Thema ins Gespräch gebracht, damit endlich über Inhalte debattiert werden konnte: dass die Männchen-Figuren an den Fussgänger-Ampeln einseitig-sexistisch seien und unbedingt ergänzt werden müssten mit weiblichen Figuren, die stehen und gehen.

Damit ist die Ampel mit ihren rot-gelb-grünen Botschaften unfreiwillig ins Blickfeld und ins Gespräch geraten: sie gibt Signale und ist für jedermann (und jedefrau) blitzartig und leicht zu verstehen, weltweit einheitlich, in jeder Sprache und in (fast) jedem Kulturkreis. Die Ampel als Verkünderin der Nährstoffwerte bei Lebensmitteln, insbesondere bei komplexen, verarbeiteten Esswaren, ist umstritten und umkämpft. Die Lebensmtitel-Industrie wehrt sich mit Händen und Füssen gegen eine plakative Kennzeichnung der Packungen und propagiert eine komplizierte Darstellung der einzelnen Elemente in prozentualer Relation zum jeweiligen Tagesbedarf… eine Darstellungsform, zu deren Entschlüsselung der Konsument mindestens einen Taschenrechner und eine Nährwerttabelle für seinen Tagesbedarf braucht.

In England, wo die Regierung eine Ampel-Deklaration schon vor zwei Jahren eingeführt hat, sagten bei einer Befragung im Sommer 2006 über 90 Prozent der Bevölkerung, die Ampel-Aussagen seien für sie „leicht und schnell, verständlich“. – Deshalb hat die Deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband vom Verbraucherminister Seehofer mit grossem Nachdruck die Einführung eines Ampel-Systems gefordert. Freiwillige Kennzeichnung bringe keine Klarheit, lautet die Begründung, im Gegenteil: durch eine allzu differenzierte und relativierende Darstellung würden stark fett- und zuckerhaltige Produkte mit hoher Nährwert-Dichte verharmlosend dargestellt… – Eine Diskussion, die bei uns noch bevorsteht.