29/6  Hola!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:21

Jetzt, wo alles vorbei ist – soll man sich freuen? Für wen? Oder warum? Oder doch nicht?

Freund Rolf hat nicht Recht bekommen. Er zitierte unablässig die offenbar historische Sportreporter-Weisheit, Fussball sei ein Spiel, bei dem 22 Mann einem Ball nachlaufen und am Schluss immer die Deutschen gewinnen. Oder war das am Ende gar kein Fussball? Die Zeitungen waren ja heute schon voll von Bilanzen und Resultaten, Notizen zu Siegern und Verlierern, von zu teurem und schlechtem Bier war die Rede, von mürrischen Promis auf den verschenkten Rängen, einem Oberabzocker an der UEFA-Spitze, der gewaltigen Umlagerung von Steuergeldern über die Fussballorganisation an die Vereine, die sich mehrheitlich durch flaues Gespiele hervorgetan haben…

Wenn ich denke, dass der Bundesrat, zitternd vor Vorsicht, ein Programm gegen die Adipositas-Epidemie verabschiedet hat, das kostenneutral sein soll, damit man den Kritikern keine Munition liefert… und wieviele Millionen durch die öffentliche Hand hier unter einem sportlichen Vorwand (mit etwas Image-Nebeneffekt) verbrannt worden sind, die ein mehr als fragwürdiges System des Starfussballs mit seinen horrenden Kopfprämien speisen, während die überbezahlten Dem-Ball-Nachrenner mehrheitlich gezeigt haben, dass sie den Batzen nicht wert sind, den man in sie hineinstopft… dann habe ich das Gefühl, hier sei etwas mit den gesellschaftlichen Werten aus dem Gleichgewicht geraten.

Aber ich weiss: ich habe mich noch nie sonderlich für das Dem-Ball-Nachlaufen interessiert und muss mich zurecht einen Banausen und Spielverderber nennen lassen. Ein so grosses Ereignis komme nur einmal im Jahrhundert, sagt man, drum sei kollektive Begeisterung legitim. Mein Trost: ein nächstes Mal erlebe ich mit Sicherheit nicht mehr.