7/9  Wäckerlis Welt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:57

Eigentlich habe ich den Film ja schon oft gesehen, in den über vierzig Jahren, die seit seinem Entstehen vergangen sind. Und doch packt es mich auf eine unwiderstehliche Weise immer wieder, wenn sie am Fernsehen kommen, diese alten „Schweizer Filme“, aus denen die helvetische Rechtschaffenheit wie zähe Melasse herausfliesst, träge und viel zu süss. Polizist Wäckerli in Gefahr.

Und wenn man sich die breitbeinige Behäbigkeit so ansieht, mit der unser Held und Dorfpolizist durch sein ländliches Leben stapft, rechthaberisch und polternd und dennoch mit einem verborgenen Kern von Güte, tief innen, dann versteht man rückwirkend, weshalb im Jahr darauf in Paris die 68er-Unruhen ausgebrochen sind, obwohl wir uns doch damals für ungemein zeitgeistig, clever und aufgeschlossen hielten.

Auch mit dem Körpergewicht hatte man damals noch kaum Probleme. Wurde man älter, so gehörte es dazu, dass man „zwäägete“, das heisst, in die Breite ging. Und dass es nicht zum Exzess kam, darüber wachte die brave Mutter Wäckerli, indem sie ihre Familie zur Ordnung rief, wenn jemand zu viel Butter aufs Brot schmierte. Sonst wirst du zu dick! warnte sie mahnend ihre Schwiegertochter, und kaufte beim nächsten Gang zur Molkerei nur noch ein halbes Mödeli.

Und doch waren dies in meinem richtigen Leben genau die Jahre, in denen meine Adipositas-Karriere begonnen hat. Rauchstopp und 30 Kilo plus, weniger Sport, mit Essen kompensieren und eine verrückte Diät nach der anderen, mit verheerendem Jojo-Erfolg. Wie schön wäre es gewesen, man hätte damals als Ernährungspolizisten einen knurrigen Wäckerli zur Seite gehabt, der einen gütig aber streng zur Vernunft gemahnt und auf den rechten Pfad der Tugend gewiesen hätte…