23/3  So ein Käse

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:37

Ich war heute zu einem Fondue eingeladen. Die Person, bei der wir zu Gast waren, hat ein ausgeprägtes Verhältnis zu natürlicher Ernährung. Was immer sie zu sich nimmt, bereitet sie selber und aus originalen Frischprodukten zu. Die Suche nach der optimalen Käsemischung, das Ausreiben des Caquelons mit Knoblauch, das Eingiessen des Weins, das sorgfältige Erhitzen, das Einstreuen der Käseflocken udn schliesslich der Rührvorgang im richtigen Rhythmus und in der korrekten Drehrichtung – das alles hat Kultstatus.

Heute waren wir etwas spät dran, als wir ankamen. Wir wurden zum Esstisch beordert, wo ein kleines Tellerchen mit Salat stand, und es ging nicht lang, kam die Gastgeberin mit dem dampfenden Fondue in der Hand. Wir langten zu und es war wie immer hervorragend, sogar das Brot war bio bzw. Max Havelaar! Wir liessen es nicht an Komplimenten fehlen, da rückte die Köchin mit einem Geständnis heraus. Für einen Besuch im Ausland hatte sie Fertig-Fondue zum Mitnehmen gekauft, der Besuch hatte sich jedoch verzögert, die Verzehrfrist für das Fondue war abgelaufen. Und wer bringt schon gerne abgelaufene Lebensmittel mit, selbst wenn sie noch eine Weile problemlos konsumiert werden könnten?

Also blieb nichts anderes, als die Käsespeise, die ursprünglich zu Exportzwecken angeschafft worden war, den Gästen im Inland zu verfüttern. Und das Schöne an der Sache: das war geschmacklich überhaupt nicht aufgefallen! Die blubbernde Sauce war so köstlich wie je und niemand fragte sich, ob da irgendwelche geheimen Wirkstoffe mit unheilvollen E-Bezeichnungen eingearbeitet waren… es schmeckte einfach lecker und angenehm und blieb bis zur letzten Brotkrume von gleicher sämiger Konsistenz. Ein Hoch auf die Käsefirma! Das darf auch einmal gesagt sein.