20/8  Zu salzig

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:27

Dicke Menschen schwitzen mehr, das zeigt sich dieser Tage bis zum Abtropfen. Der kurze Gang vom Tram zum Bahnsteig, durch eine Halle, deren Klima an die Central Station von Bangkok erinnert, und man ist durchnässt, in den Speckfalten sammelt sich das salzige Nass, verklebt die Haut und pappt die Hose an den Beinen fest… zu kalt ist unangenehm, aber zu heiss ist beengend, nimmt dir den Atem, lässt dich schlapp werden, so dass du mühsam, einen Fuss vor den andern setzend, voranschleichst und das Gefühl hast, der aufgeweichte Asphalt wolle deine Schuhsolen aufsaugen…

Der Körper verliert Salz. Und man erinnerst sich an die alten Geschichten im Militär, als es nach den schweisstreibenden Gewaltsmärschen nicht etwa Tee gab, sondern Bouillon, um den Salzgehalt des Blutes möglichst rasch wieder zu normalisieren. Der Organismus braucht das Mineral in ausgewogener Balancierung: zu viel ist ungesund – und zu wenig auch. Allgemein allerdings verbrauchen wir hierzulande deutlich zu viel Salz und eines der staatlich anvisierten Gesundheitsziele ist die Reduktion des Salzkonsums.

Deshalb hat die Schweizerische Herzstiftung ein spezielles Kochbuch herausgegeben mit 70 Rezepten, bei denen weniger Salz verwendet wird, dafür mehr Kräuter und Gewürze zum Einsatz kommen… – Anbieter von Fertiggerichten gehen dazu über, in ihren Rezepturen ebenfalls weniger Salz beizufügen. Wohin das führen kann zeigt ein rührender Werbespot von Knorr: ein Salzstreuer in der Form eines putzigen Kugelkopf-Männchens erkennt, dass der Fertig-Risotto neuerdings 25 % weniger Salz enthält… er fühlt sich unerwünscht und verlässt das Haus, er geht durch den Regen und bricht in – salzige – Tränen aus…

Der kanadische Spot wird von Werbefachleuten gelobt als gute Umsetzung eines gesundheitsrelevanten Themas… aber ich halte ihn für unlogisch und irreführend: wenn die Speisen mit weniger Salz verkauft werden, so wird der Mensch, an seine bisherige Lebensweise gewohnt, zunächst wohl kräftig nachwürzen… das Salzstreuer-Männchen hätte also keinen Grund zum Verzweifeln, sondern sollte fröhlich hüpfen und jubilieren und sich über die gesundheitsbewussten Spotproduzenten lustig machen. So ist das.