14/12  Zwang zur Leichtigkeit

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:50

Seit unser aller Boulevardblatt wieder zur alten Grösse (bzw. zum alten Format) zurück gefunden hat, zieren die Aufnahmen von einigermassen unbekleideten jungen Frauen täglich die Titelseite. Ein kurzer, formelhafter Steckbrief beschreibt die Abgebildeten: Vorname, Wohnort, Grösse, Gewicht und Beruf. So wird der moderne Mensch definiert.

Heute war es Sandra (28) aus Hundwil AR. Sie ist 1,69 Meter gross und 56 Kilo leicht. Es fällt mir auf, dass diese Girls oder Mädel oder Ladies oder wie immer man sie politisch korrekt bezeichnet, die sich da mehr oder weniger im Evaskostüm räkeln, dass sie alle immer „leicht“ sind, egal, vieviel sie wirklich wiegen. Zu leicht, offenbar heute, denn Sandra kommt mit ihren Werten auf einen BMI von 19,6, was sich dem Untergewicht schon reichlich nähert.

Da die Redaktion offenbar mit Anmeldungen überschwemmt wird von jungen Damen, die ein Ganzkörperfoto einschicken, ist davon auszugehen, dass dieser Titelseiten-Auftritt eine erstrebenswerte Funktion erfüllt. Vor diesem Hintergrund halte ich es für fatal und fahrlässig, dass die Redaktion stereotyp diese Formulierung „leicht“ wählt: das stellt eine absolute Wertung dar und bedeutet, dass eine Frau nur dann ein Star sein kann, wenn sie auch „leicht“ ist. Womit wieder ein Body-Image zementiert wird, das die Mädchen direkt in die fatale Spirale von Abnehmen, Untergewicht und Übergewicht hineintreibt.

Was wäre so schlimm an einer „neutralen“ Formulierung: XY ist 1,57 Meter gross und wiegt 54 Kilo? – Vielleicht denkt mal jemand auf der Blick-Redaktion oder im neuen Newsroom darüber nach? – Oder sehe ich das zu eng?