23/1  Volks-Bauchwahl

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:58

Heute haben einige der staatstragenden Parteien ihre Delegiertenversammlung durchgeführt. Die Freisinnigen haben Vernunft bewiesen und dem ominösen Gesundheitspapier eine Abfuhr erteilt, das den Vorschlag formuliert hatte, wonach die Krankenkassen Modelle entwickeln sollten, damit Leute mit tiefem BMI vergünstigte Prämien bekämen… Eine andere Partei, die sich für das Volk hält, hat ihre Absicht bekräftigt, eine Initiative zu lancieren, damit künftig die Bundesräte durch ebendieses Volk gewählt werden sollten.

Das Volk, so lautet das gebetsmühlenartig heruntergeleierte Credo der Vordenker dieser Partei, das Volk hat immer recht, es kann sich nicht irren, wenn wir ihm lange genug mit unseren Plakaten die Botschaft einhämmern, die es zu glauben hat. Deshalb kann das Volk nicht anders, als die besten, kampferprobtesten Vertreter dieser Partei in den Bundesrat zu wählen. Und alles wird gut.

Wenn dem so ist, habe ich ich bei mir selber gedacht, wenn das Volk also von seiner völkischen Definition her gar nicht in der Lage ist, etwas Falsches zu wollen oder gar Falsches zu tun, so muss es doch ein Wink von weit oben sein, dass immer mehr Menschen aus dem Volk einen Bauch tragen, dass sich Übergewicht und Adipositas epidemisch verbreiten: Dann ist es doch Volkes Wille, dick zu sein. Dann kann Dicksein nicht schlecht sein!

Dann müssen wir aber sofort aufhören mit unseren Aktionen und Informationen und Empfehlungen für ein gesünderes, schlankeres Leben! Wer sind wir denn, dass wir uns gegen den ausdrücklichen Willen des Volkes stellen könnten? Es hat sich frei entschieden, was und wie viel es essen will. Es verzichtet aus freien Stücken auf Bewegung und lebt ganz von sich aus so, wie es ihm passt. Woher nehmen wir die Anmassung, das Volk zu einem Verhalten zu verleiten, das es nicht von sich aus gewählt hat?

Der dicke Bauch ist volksgewollt. Denn es sind heute mehr Menschen übergewichtig, als jene Partei Mitglieder zählt.