26/1  Signal aus Zürich

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:04

Ich kenne nur den Ratsbericht aus der Zeitung. Die Hintergründe und der Wortlaut der einzelnen Voten sind mir nicht bekannt. Eines ist klar: es ging um die Konsolidierung der Finanzplanung, was eine etwas noblere Umschreibung des Begriffs Sparen ist. Also hielten die Ratsmitglieder Ausschau nach Posten im Budget, die sich streichen liessen, ohne dass eine kräftige Lobby sich lautstark dagegen auflehnt,

Letztes Jahr hatte die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich eine Kampagne gegen die Adipositas-Epidemie lanciert, die mit Plakaten und Drucksachen die Bevölkerung sensibilisieren und aufklären wollte. Die Regierung löste damit eines ihrer Legislaturziele ein, wenn auch nicht ein zentrales, so doch eines, das synchron mit landes- und europaweiten Bestrebungen lief.

Im Lauf der Debatte über die politische Legitimation einer solchen Kampagne fiel offenbar das Argument, dass Adipositas und Übergewicht unter anderen vor allem ein Problem der Unterschichten sei. Von daher war es nicht mehr weit zum verkürzten und zugespitzten Polaritäten-Paar „dick = dumm“ und „dünn = schlau“. Was offenbar eine Einladung an das übergewichtige Rats-Drittel war, sich vom Makel der „Dummheit“ dadurch zu distanzieren, dass man lauthals kundtat, man habe keine staatliche Anleitung nötig, man könne selbstverantwortlich für seine Gesundheit und sein Wohlbefinden sorgen… und folglich könne die ganze Kampagne ohne nachteilige Wirkung aus den künftigen Budgets gestrichen werden. Die Streichung wurde mit 116:48 Stimmen beschlossen.

Ist dieses Zürcher Polit-Signal nun der Auftakt zu einem nationalen Fanal gegen Prävention und eine verantwortungsvolle Kampagne zur Eindämmung der Adipositas-Epidemie? Wird ein weltweites Gesundheitsproblem bei uns zum Spielball profilneurotischer Lokalpolitiker? Wenn dem so sein sollte, dann gnade uns jene höhere Instanz, welche seinerzeit die genetischen Voraussetzungen geschaffen hat, dass wir so wurden, wie wir sind.