2/5  Lob der Burka?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:38

Plötzlich ist sie in aller Munde und es wird nach Verboten gerufen, wo sie noch nicht beschlossen sind: Die Burka, die blaue mit dem gewobenen Netz vor dem Gesichtsfeld. Oder die Nikab, die Frauen-Bedeckung mit dem Sehschlitz.

Ich habe beide Formen im Ausland angetroffen und es gab glaubwürdige Aussagen, dass die völlige Verhüllung des weiblichen Körpers durchaus für die Trägerin Schutz und Geborgenheit bedeuten kann. Ich war damals mit einer Kollegin in Afghanistan unterwegs und sie hatte sich vorgenommen, wenn wir dort wären, würde sie sich auf keinen Fall dem Diktat der Kopfbedeckung unterwerfen und stolz zeigen, dass sie eine emanzipierte westliche Frau sei… Aber wir sind nur kurz mit dem Jeep unterwegs gewesen, da kamen wir schon in eine Srassensperre mit Kontrolle, weil irgendwo ein Regierungsfahrzeug auf der Strecke war… und als sich mit finsteren Gesichtern zwei afghanische Ordnungshüter näherten, griff sich meine Begleiterin rasch ihren Schal, zog ihn über den Kopf und hielt ihn unter dem Kinn zu.

Ein kurzer Wortwechsel mit unserem Fahrer und wir rollten weiter. Aber meine Begleitung sagte mir später, sie hätte richtig Angst gehabt und sich unter dem Tuch viel besser gefühlt. Das subjektive Empfinden hat also – je nach der Wirkung des Umfeldes – eine andere Bedeutung als der objektivierte Sachverhalt es vermuten lässt. Es kommt noch ein weiteres Faktum dazu: Die Ganzkörperverhüllung befreit vom modischen Diktat und vom Zwang zu einer idealen Figur. Weit wallend – als wäre sie von Christa Carouge erfunden worden – umfliesst sie die äusseren Konturen des Körpers, engt nirgends ein, zwickt nicht, hängt weit aussen herunter und verrät weder fehlende Taille noch Hüftspeck…

Dies alles macht mich noch lange nicht zum Fan eines verhüllten Gesichtes. Denn es gehört zum Wesen unserer freien, aufgeklärten Kultur, dass wir offen in die Welt schauen können, dass wir vor keiner Autorität die Augen niederschlgen müssen in Demut und Scham, dass wir uns selbstbewusst zeigen dürfen, so wie wir sind. Und froh, dass wir nicht in einer Welt leben, in der man sich ohne Verhüllung fürchten muss.