2/4  Essen direkt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:57

Heute zu Besuch bei einem meiner Neffen im Spital. Er ist in der Rehabilitation nach einer partiellen Lähmung (Guillain-Barré-Syndrom) und zum Glück seit kurzem wieder in der Lage, sich aus eigener Kraft zu bewegen, in den Rollstuhl zu steigen und durch die Gänge der Klinik zu kurven.

Nur mit dem Essen ist es so eine Sache. In den ersten Wochen hing er buchstäblich am Tropf und erhielt die erforderlichen Nährstoffe intravenös. Dass er dabei rasch an Gewicht verlor, lag auf der Hand. Die Aufnahme fester Nahrung war nicht möglich, da auch die Schluck-Funktion beeinträchtigt war und die Gefahr bestand, dass die Speisen nicht in den Magen sondern durch die Luftröhre in die Lunge gerieten. Was auch für Getränke galt.

So wurde für die Zuführung von „verdaubarer“ Nahrung mit Fasern und Fibern eine Sonde operativ direkt in den Magen gelegt. Und bei jedem Rollstuhl-Ausflug muss der kleine Dosierungs-Apparat mit dem Plasticbeutel und der bräunlichen Nährlösung an einer Stange montiert werden, die aussieht, als wäre es der Stromabnehmer bei einem der Elektro-Scooter auf dem Rummelplatz.

Eine paradoxe Welt: die einen haben die grösste Mühe, sich durch gezieltes und bewusstes Verhalten so zu ernähren, dass sie Gewicht verlieren können, und andere müssen zu operativer Hilfe greifen und brauchen Hightech-Unterstützung, um sich die lebensnotwendigen Nährstoffe zuzuführen.

Und wenn man dann zuhause vor einem kleinen Teller exzellenter San Lorenzo-Pasta al Pesto sitzt, dann kommt einem das vor wie Lebensgenuss in Luxus pur und man merkt wieder mal, wie gut man es doch hat und merkt, dass das ein Grund ist, dankbar zu sein.