26/1  Das 5. Kind

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:21

EVA, der Fortsetzungs-Comic-Strip von Jaermann/Schaad im Tagesanzeiger, hat Kultstatus. Die Frau hat fast alle Zweis am Rücken, die man haben kann: einen Itsch-Namen, einen tristen Job und Übergewicht. Aber sie ist taff und mutig und schlägt sich durchs Leben. In der heutigen Ausgabe geht sie mit ihrer pfiffigen Enkelin durch die Strasse. Das Kind fragt: Oma, warst du in eurer Familie das fünfte Kind?Warum? will Eva wissen. In dem Moment kommen die beiden an einem grossen Plakat von Gesundheitsförderung Schweiz vorbei. Darauf ist der breite Schlitten abgebildet und darunter steht: In der Schweiz ist jedes 5. Kind zu dick.

Die Pointe sitzt und geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Am Mittag im Restaurant turnt am Nebentisch ein lebhaftes Mädchen mit geröteten Wangen herum, wenn es zwischen den Tischen durchrennt, hängt ihm sein Bäuchlein unter dem kurzen Hemd hervor über den Hosenbund, es schlägt der Mutter nach. Kein Zweifel, es ist das 5. Kind.

Als später eine Familie mit einem kleinen, dünnen Jungen vorbeigeht, ist mir sofort klar: das muss das erste oder höchstens das zweite Kind sein…

So werden bittere Fakten im Volksmund plötzlich zu Chiffern und Symbolen. Verlieren sie dadurch ihre Bedeutung? Ich denke nicht. Im Gegenteil. Die Botschaft ist dabei, sich im Bewusstsein der Allgemeinheit zu verankern. Nur so wird sie auf Dauer wahrgenommen und verinnerlicht. Und löst vielleicht etwas aus, das zu Veränderung führen kann.


5 Kommentare zu “Das 5. Kind”

  1. kurz regula sagt:

    Autsch das hätte mich auch getroffen!! bin auch adipotös :-( und seit 3 Monaten Grossmutter! hätte nun also noch Zeit was dagegen zu tun!!
    mal sehen…

  2. lilly sagt:

    als ich der tagi gelesen habe-zu erst immer die seite mit eva-finde eva toll unverblühmt und herrlich ehrlich-habe ich sofort an sie gedacht und mir noch überlegt ob sie dazu bloggen.

    die wahrheit tut weh und wir alle kommen nicht drumherum der tatsache in die augen zu sehen-jeder kann nur für sich alleine die entscheidung treffen und etwas gegen sein übergewicht tun.
    die einen haben mehr erfolg bei anderen dauerts länger.

    in diesem sinne einen schönen sonntag mit ausgedehntem spaziergang wünscht lilly

  3. joy sagt:

    herrscht etwa zensur in ihrem betulich plappernden blog, herr von grünigen?

    ja, gelle, wenn man mit den gesundheitsbeamten tafelt, an sämtlichen einschlägigen schwätzerrunden ein bisschen mitmacht und sich danach am mit zweifellos gesunden speisen bestückten buffet voll isst, hat man’s verständlicherweise nicht gerne, wenn jemand – und sei’s auch nur verbal – das bequeme leben eines gut bezahlten schreiberlings, der von den „lastern“ (d.h. dem dank ihresgleichen zum laster gewordenen essen) lebt wie die hure vom freier,¨ein wenig in frage stellt.

    trotzdem sei’s noch einmal gesagt: SIE NERVEN, Herr von Grünigen!

    MfG – Joy

  4. Hallo Joy, bin mir nicht bewusst, je so etwas wie Zensur geübt zu haben, wenn sich jemand kritisch zu meinen Beiträgen geäussert hat! Im Gegenteil. – Der Vergleich mit „Hure“ und „Freier“ gefällt mir irgendwie, unterstellt er doch, dass es auf der einen Seite eine Nachfrage gibt und auf der andern Befriedigung vermittelt wird… Sorry, wenn Sie sich nerven müssen. Aber Sie lesen’s immerhin. Und das ist ja der Zweck eines Blogs. Schön wär’s, wenn das mit dem „gut bezahlten“ Schreiben stimmen würde, wir könnten den Batzen in der Stiftung brauchen.

  5. Joy sagt:

    Hallo Herr von Grünigen

    Danke, dass Sie sich doch ein wenig zum Lustprinzip bekennen konnten.

    Ich fürchtete schon, wir SchweizerInnen würden in Zukunft von Horden vital frustrierter Männer à la BAG-Zeltner verfolgt – Herren, die täglich verbissen ihre Joggingrunden drehen, mit einem Sendungsbedürfinis, die mit zwinglianisch/calvinistischem Eifer auch noch den letzten Rest Spass aus unserem liebenswerten Land purgieren wollen, um die Schweiz „fit“ zu machen für eine Zukunft, die Gesundheitsdiktatur erinnert.

    Ich sage immer: Leute, habt euren Spass! Raucht, kifft, säuft und vögelt, solange ihr könnt und fastet zwischendurch ein bisschen.

    Es ist ganz klar, dass die Nahrungs- und Ernährungsqualität in der CH in den letzten Jahren gesunken ist – das fällt jedem auf, der sich bewusst ernährt und auch so einkauft.

    Aber gibt es vielleicht noch andere Gründe für die sinkende Nahrungsqualität als einzig lasterhafte Fressgier der Bevölkerung?

    Oder was ist damit, Herr von Grünigen?

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,546697,00.html

    Ich grüsse Sie.

    Ihre Joy

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