31/5  Ganz schön clever

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:06

Farbenblindheit bedeutet, dass man Grün und Rot nicht unterscheiden kann. Das mag beim Autofahren hinderlich sein. Auch für einen Lokführer ist es nicht ganz unbedenklich, obwohl dieser sich mittlerweile auch noch an andern elektronischen Hilfsmitteln orientieren kann.

Der Unterschied zwischen Rot und Grün spielt auch eine entscheidende Rolle bei der so genannten Ampel-Deklaration auf Lebensmitteln, wie sie von Konsumenten und deren Organisationen und von Adipositas-Experten nachdrücklich gefordert wird, während die Lebensmittelindustrie sämtliche verfügbaren Nasen rümpft und mit aller Gewalt ihr eigenes, schwer interpretierbares Konzept mit dem Prozent-Anteil vom Tagesbedarf pro Portion in die Regale drückt.

Und nun sehe ich heute eine clevere Variante, die wie ein etwas skurriler Witz anmutet, listige Selbstironie, sozusagen, vielleicht unbeabsichtigt, sonst wäre es ganz schön durchtrieben. – Da bringt die Gemahlin aus einem neuen MIGROS-Markt unter anderen einen „Light“-Schoko-Flan als Dessert mit. Inhaltlich nach wie vor der vertraute dunkelbraune Pudding mit seinem 74 Kalorien pro Becher, aber in der neuen, dunkelblauen Verpackung, die beim Käse angefangen hat und seit einiger Zeit sämtliche der früheren „Light“-Produkte ziert: „Léger“ als universelles Label für alles, was weniger Fett und weniger Kalorien hat. Ganze Regalwände sind mit diesen Léger-Produkten in ihrem coolen Blau gefüllt, man könnte direkt meinen, es sei die kämpferische Antwort des orangen Riesen auf den beachtlichen Markterfolg, den coop mit den Weight-Watchers-Produkten verzeichnen kann.

Aber die Hinterlist wird klar, wenn man den Alu-Deckel auf dem Becher betrachtet. Dort prangt neben dem schmucken Bild vom glänzenden Schoko-Köpfchen neu ein runder, roter Punkt, als ob es ein Ampel-Punkt wäre. Und auf diesem Punkt steht in grossen Buchstaben geschrieben: Light. Und in kleineren Buchstaben steht im Kreis auf deutsch und französisch: „Light wurde Léger“ Nach einfacher Logik hätte dieser Punkt ja eigentlich grün sein sollen, denn das Produkt ist eindeutig fettreduziert und weist eine geringe Kalorien-Dichte auf… Dass der Ampel-Punkt nun aber die komplementäre Gegenfarbe aufweist, mutet an wie eine raffinierte Gewöhnungsmethode, die den Zugriffs-Reflex konditioniert… und im Unbewussten die Assoziation generiert: wo es einen roten Punkt hat, darfst du gerne zugreifen, denn da ist „Light“ drin. Clever!