12/7  Ein Hoch auf Zeltner

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:14

Der Mann hat es nicht leicht. Es sollte im Auftrag der Regierung dafür sorgen, dass das Schweizer Volk möglichst gesund in die Zukunft blicken kann. Der Vogelgrippe muss er ebenso Paroli bieten wie AIDS und BSE oder dem Passivrauchen, und den Feldzug gegen Adipositas sollte er koordinieren und dazu noch die Krankenkassen in Schach halten und das ganze Pharmawesen orchestrieren. Zu beneiden ist er nicht. Zumal er von seinem Chef auch nicht immer die notwendige Rückendeckung bekommt.

Und doch habe ich heute innerlich den Hut abgenommen vor dem Mann. Da bin ich per Zufall beim samstagnachmittäglichen Regenwetterzappen auf dem Privat-TV-Kanälchen Star-TV in die Aufzeichnung einer Polit-Veranstaltung geraten, über die ich zwar schon in der Presse gelesen hatte, aber die ich mir so nicht vorgestellt hätte, nicht wirklich. Es ging um die feierliche Verleihung des „rostigan Paragrafen“: ein Anti-Orden für das „dümmste Gesetz“ des Jahres, vergeben vom der IG Freiheit, einem Kampfverbund von Politikern am rechten Rand des populistischen Abgrunds. Da kein journalistisch geführtes Medium ein solches Event live und ungefiltert übertragen – und dann auch noch mehrfach wiederholen – würde, ist es dem Senderchen hoch anzurechnen, dass es hier Transparenz hergestellt hat.

Grundsätzlich wäre ja nichts dagegen einzuwenden, dass mit gesundem Menschenverstand gegen überflüssige und anachronistische Paragrafenreiterei vorgegangen würde, und eigentlich war das Referat des bundesdeutschen Liberalen-Chefs Guido Westerwelle, der von seinem Faschingsbruder Thomas Borer angeschleppt worden war, durchaus hörenswert und wohltuend differenziert, im Vergleich zu den Verlautbarungen von IG-Präsident Peter Spuhler und seinen SVP-Statisten… aber den besten Eindruck hat mir der Mann gemacht, der sich in die Höhle der libertinen Löwenbabies begeben hat, um den als Schande gedachten Paragrafen-Pokal in Empfang zu nehmen.

In einer amüsanten Gegenrede hat Thomas Zeltner die Attacke pariert und ist zur Konterattacke übergegangen, indem er der IG dankte dafür, dass sie mit ihren Vorstössen und Referendumsdrohungen gegen die verschiedenen – ohnehin zaghaften – Regulierungs-Absichten des Bundes anrannte… und so die heiklen Themen in die Medien und auf die politische Agenda brachte. Bisher hätte – so Zeltner – zum Beispiel die Tabakindustrie alles unternommen, um eine öffentliche und politische Debatte der Anti-Raucher-Kampagnen zu vermeiden. Dank der IG-Aktivitäten sei der Diskurs nicht nur öffentlich geworden, sondern habe sich auch breit abgestützter Widerstand im „anderen“ politischen Lager formiert, was nebenbei auch zu eindrücklichen Solidaritäsbekundungen geführt hat.

So haben die freiheitsdurstigen Politclowns wohl das Gegenteil von dem erreicht, was ihnen ursprünglich vorgeschwebt sein mochte. Aber sie haben immerhin die politische Szenerie belebt und man kann sie auf Star-TV vielleicht noch ein paarmal sehen… der Sender schweigt sich auf seiner Website zwar darüber aus, wann die nächste Wiederholung programmiert ist… vielleicht werden die Eintragungen ja noch aktualisiert. – Es lohnt sich, mal hineinzuzappen.