14/7  Steter Tropfen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:24

Das war so ein Fernsehabend nach dem alten volkspädagogischen Gusto: TV als Besserungsanstalt der Nation, damit wir alle unser Leben ändern… Angefangen hat es auf RTL 2 (einem Privatsender!) mit einer ganz besonderen Show des Koch-Genies Jamie Oliver: seinem Abstecher in die Hühnerhölle. Eine Dokumentation über Missbräuche in der Massen-Hühnerhaltung, wie sie engagierte Tierschützer nicht kompromissloser hätten drehen können. Nur eben verkauft mit der leicht rotzigen Schnoddrigkeit des jungen Starkochs, einem handverlesenen Gala-Publikum, das nicht fliehen konnte, weil es an seinen Lippen hing. Die Veranstaltung mündete in den Appell zu verändertem Konsum- und Einkaufsverhalten, dass man sich die zwar etwas teureren aber eben gesünderen und umweltfreundlicheren Lebensmittel leisten solle. Und die Teilnehmenden versprachen es tapfer – jedenfalls solange die TV-Kameras noch in Sichtweite waren.

Dann ging es mit Welt der Wunder gerade noch einmal zur Sache: eine pfiffige, gut animierte Darstellung des Stoffwechsel-Dilemmas, das sich in unserem Organismus täglich abspielt, im Widerstreit zwischen dem Instinkt des Körpers, der sich durch grosszügige Nahrungsaufnahme am Leben erhalten und vor Hungersnot bewahren will, und dem Intellekt, der zwar weiss, was er sollte und was nicht… der aber letztlich keine Chance hat gegenüber den unbewussten Zwängen und Reflexen unserer animalischen Natur. Ein weiteres Kapitel galt der „guten“ Nahrung. Eindrücklich wurde aufgezeigt, dass es in Deutschland (und wohl auch bei uns) klare Richtlinien gibt über die bekömmliche Reinheit von Babynahung, wo die zugelassene Schadstoffmenge auf ein absolutes Minimum beschränkt ist, was auch peinlich genau kontrolliert wird… während bei Lebensmitteln für Erwachsene ein Vielfaches der problematischen Substanzen als Grenzwert zulassen sind, was damit zusammenhängt, dass so der Produktionsprozess verbilligt und die Rendite erhöht werden können. Und dass vernünftigerweise die Verbraucher alles daran setzen müssten, der gesunden Bio-Produktion zum Durchbruch zu verhelfen, die langfristig auch das Überleben der Produktionsmittel garantiert.

In die gleiche Richtung zielte denn auch noch der letzte Beitrag, der aufzeigte, welch fatale Auswirkungen die EU-Landwirtschaftspolitik auf die Gesundheit der Bevölkerung bzw. deren Ernährung hat: dass die Unterstützung der Mammutbetriebe, die Subventionierung des Exports, die europaweiten Transporte und der massive Preisdruck letztlich zu einer Verschlechterung der Qualität führen, die der Konsument nur dadurch bekämpfen könnte, dass er die lokalen Produzenten berücksichtigt und sich für Produkte entscheidet, die in der Region hergestellt werden… – Medienberichte verpuffen wie Tropfen auf dem heissen Stein. Aber steter Tropfen hat es an sich.