22/10  Klärung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:18

Vor drei Wochen habe ich mich hier über die Verlogenheit der Werber mokiert, die Maltesers-Schokokugeln mit der fahrlässigen Aussage anpriesen, sie hätten weniger als 190 Kalorien. – Offenbar war ich nicht allein mit meiner Kritik, denn heute sehe ich plötzlich, dass in dem gleichen TV-Spot bei der entsprechenden Stelle unten eine Schrift eingeblendet ist, nicht allzu gross, aber doch einigermassen leserlich, mit dem Hinweis: in 37 Gramm.

Damit ist die Aussage auf den Boden der Realität zurückgeholt worden. Jetzt stimmt sie sogar und man kann sie nicht mehr der wahrheitswidrigen Anpreisung bezichtigen, auf 100 Gramm ergibt das rund 500 Kalorien, was mit der offiziellen Nährwert-Deklaration durchaus übereinstimmt und uns direkt zum nächsten Problem führt: die 37 Gramm stellen offenbar eine „Portion“ dar, wie sie nach den Richtlinien für die Angaben beim GDA-System (Empfohlener Tagesbedarf) zu definieren sind. Offen ist dabei, ob es beim Essen/Naschen bei dieser einen Portion auch bleibt, oder ob der beworbene Genuss dazu führt, dass eine zweite, dritte Staffel reingezogen wird. Klar, kann man sagen, hier kommt nun die beliebte Eigenverantwortung ins Spiel und wenn der Mensch genügend Willenskraft beweist, lässt er es sogar bei einer halben Portion bewenden. Die Menge machts auch hier.

Klärung zeichnet sich auch ab beim Projekt eines einheitlichen Empfehlungs-Labels für Lebensmittel. Das Bundesamt für Gesundheit hat heute an einer Fachtagung orientiert über den aktuellen Stand der Überlegungen, die in gewissen Kreisen schon für Unruhe gesorgt haben. Man hat sich in der Studiengruppe für eine Lösung entschieden, die seit zwei Jahren erfolgreich im Aufbau ist und schon in 9 EU-Ländern umgesetzt oder zumindest in Prüfung ist. Es geht um das Modell Choices International: ein Symbol, das den KonsumentInnen anzeigt, dass es sich hier um ein „empfohlenes“ Produkt handelt, von dem man freilich auch nicht beliebige Mengen verschlingen darf: ein blaues OK-Häkchen in dem eine Sonne aufgeht, mit dem Schriftzug „Bewusst Wählen“.

Wie der Name sagt, soll dieses Zeichen auf der Lebensmittel-Verpackung zeigen, ob ein bestimmtes Produkt in seiner Zusammensetzung den Richtlinien entspricht, die für 27 verschiedene Lebensmittel-Kategorien von Experten festgelegt wurden. Hersteller müssen ihre Angebote testen und zertifizieren lassen, ehe sie das empfehlende Zeichen erhalten, die Kontrolle erfolgt durch eine unabhängige Instanz. – Auch hier wird sich unter anderem die Frage nach der Portionengrösse stellen… wobei nach den Angaben, die bis jetzt bekannt sind, die Referenzwerte immer auf 100 Gramm berechnet sind und nicht in Portionen umgemünzt werden können.

Dieser Vorschlag ist ein Schritt in die richtige Richtung, der bei Bedarf immer noch angepasst und weiter entwickelt werden kann. Schade, dass im Rahmen der Präsentation eine Vertreterin einer KonsumentInnen-Organisation sich beklagen musste, dass sie den Vorschlag nicht unterstützen könnte, weil sie zu spät konsultiert worden sei… noch geht es uns zu gut, wenn wir Energie für solche Zickenkriege haben, über die sich nur die Gegner einer wirkungsvollen Regelung freuen werden.