21/2  Alter Irrtum

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:56

Ein neues Buch ist der Aufhänger für ein Interview mit grossem Bild in der heutigen SonntagsZeitung. Gezeigt wird Paolo Colombani von der ETH Zürich an einem Marktstand mit Gemüsen. Colombani hat ein Buch geschrieben, in dem er „populäre Ernährungsmythen“ entlarvt, mit wissenschaftlichen Argumenten. Das Buch trägt den Titel Fette Irrtümer. Ich habe es noch nicht gelesen, meine Kenntnis der Thesen von Colombani bezieht sich also einzig auf das in der SonntagsZeitung agedruckte Interview mit dem Autor.

Seine Botschaft lässt sich kurz zusammenfassen: Ernährung hat praktisch keinen Einfluss auf die Gesundheit der Menschen. Diese sind so konstruiert, dass sie alles essen können, was sie wollen – sofern sie sich ausreichend bewegen. Oder anders herum: Wenn der Mensch sich genug bewegt, isst er automatisch das, was sein Körper braucht. Dazu werde das Fett zu unrecht verteufelt, aus Furcht vor dem Fett habe man vermehrt Kohlenhydrate zu sich genommen, was bei Bewegungsmangel zu einer Überlastung des Stoffwechsels führe und damit zu Diabetes und anderen Erkrankungen.

Deshalb solle man weniger Kohlenhydrate und wieder mehr Fett essen.

Dieser Ansatz – mit Verlaub – kommt reichlich spät und scheint mir schon etwas überholt zu sein. Es war vor gut zwölf Jahren, als das Fett als der hauptsächliche Sündenbock für Übergewicht und viele seiner Komorbiditäten galt, damals wurde von den Spezialisten explizit gesagt, wenn man auf Fett verzichte, könne man so viel Kohlenhydrate essen wie man wolle, denn die würden nicht „anschlagen“, die verbrenne der Körper laufend und könne sie nicht im Langzeitspeicher deponieren. Dieser Irrtum führte u.a. dazu, dass die Amerikaner in den folgenden Jahren zwar ihren pro Kopf-Fettkonsum deutlich senkten, aber weiterhin an Gewicht und BMI zunahmen… weil sie ungehemmt Süssgetränke in sich hineinschütteten und Chips und Pommes mampften.

Das Fett als Nährstoff ist längst rehabilitiert und die Low-Carb-Empfehlungen der verschiedensten Ernährungs-Lehren (aktuell sind auch die Weight Watchers auf diese Linie eingeschwenkt) haben ein breites Echo gefunden, vor allem in der tageszeitlichen Differenzierung, dass der Kohlenhydrate-Konsum primär am Abend eingeschränkt werden solle. Auch hat man inzwischen die Funktion des Insulins erkannt als Umwandler von Kohlenhydraten in Fett… Meister Colombani kommt da also etwas spät mit seiner Einsicht. Aber er gibt im Gespräch doch einige interessante Tipps für die Praxis, indem er den US-Journalisten Michael Pollen zitiert:

Kauf nichts, was deine Grossmutter nicht gekannt hat; lass es sein, wenn ein Lebensmittel aus mehr als fünf Inhaltsstoffen besteht oder wenn du einen Inhaltsstoff nicht aussprechen kannst; kaufe im Supermarkt aussen herum ein und nicht in der Mitte: aussen sind die Frischwaren, in der Mitte sind die Konserven.

Der Schlüssel zur Gesundheit liege in der Bewegung, sagt Colombani, und das ist sicher so, nach der altrömischen Erkenntnis vom gesunden Geist im gesunden Körper. Aber es ginge nun darum, Überlebensstrategien zu entwickeln für Menschen, die sich in einer Umwelt aufhalten (müssen), in der es immer schwieriger wird, sich ausreichend zu bewegen. Darüber forscht mal nach an euren technischen Hiochschulen!


2 Kommentare zu “Alter Irrtum”

  1. bloedel sagt:

    vielleicht sollten Sie das Buch doch mal ganz lesen!

  2. peter sagt:

    Hi… Euer Homepage ist sehr Interessant! Ich selber beschäftige mich viel mit dem Thema Heilpraktiker Ausbildung und suche immer wieder neue informationen die ich gerade auch auf eurer Seite gefunden habe. LG…

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