28/3  Dick im Iglu

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:58

Ich habe es jeweils scherzhaft als Pinguin-Effekt bezeichnet: wenn die dünnen Kameraden im Militär bei kaltem Wetter draussen beim Turnen schlotterten und fröstelten, konnte ich lächelnd auf die Fettschicht verweisen, die meine Innereien unter der Haut gegen Väterchen Frost schützten… Natürlich war mir klar, dass die Kälte-Sensoren ja eigentlich aussen in der Epidermis sitzen und nicht unter dem Fett verborgen liegen. Aber der Scherz wurde immer gerne angenommen.

Ähnlich, denke ich, muss es auch einem korpulenten Eskimo gehen, der in der Arktis auf der Eisscholle seine Robbe jagt. Er ist gegen die beissende Kälte geschützt. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn Eskimos leben von fettreichem Fisch. Die Fisch-Fette enthalten viel Omega-3. Und das sind bekanntlich die „guten Fette“. Da jedoch die Zivilisation vor keinem Breitengrad Halt macht, gibt es heute unter den Eskimo-Stämmen nicht weniger Übergewichige und Adipöse als anderswo.

Ein Forscherteam in Alaska hat nun bei Eskimos eine Untersuchung durchgeführt. Die Yu’pik-Eskimos verzehren im Schnitt zwanzigmal so viel Omega-3-Fette wie ein „normaler“ Amerikaner. Sie sind zwar im gleichen Umfang übergewichtig wie die Bevölkerung anderer Bundesstaaten, aber sie leiden viel weniger an Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie sind zwar dick – aber deutlich weniger krank.

Was ist nun die praktische Anwendung dieser Erkenntnis? – Sollen wir Übergewichtigen uns wieder dem guten alten Lebertran zuwenden? Sollen wir die schon überfischten Meere noch weiter plündern, auch auf die Gefahr hin, dabei die strahlenden Überreste der japanischen Pannen-AKWs mitzuessen? Gibt es synthetisches Omega-3 in Pulverform? Und was ist mit den andern, durch Übergewicht verursachten Krankheiten? Sitzen die dicken Eskimos in ihren Iglus mit Gelenkschäden herum? Können sie sich kaum noch übers Eis schleppen? Denn abnehmen tun sie ja von dem vielen Omega-3-Fett nicht, davon ist jedenfalls im Forschungsbericht keine Rede. – Die Experten sehen sinnigerweise davon ab, aus ihren Erkenntnissen eine Empfehlung abzuleiten. Da müsse noch weiter geforscht werden…