1/8  Neue Töne

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:37

So explizit hat das meines Wissens bisher noch kein gesetzgeberisches Organ formuliert wie jetzt kürzlich das britische Oberhaus, das House Of Lords: im Zusammenhang mit den Bemühungen der Regierung zur Eindämmung der Adipositas-Epidemie ist die Kommission des Hauses für Wissenschaft und Technologie zu Einsichten gekommen, die sie in markanten Postulaten formuliert hat.

Die Strategie der Regierung, die grundsätzlich auf Freiwilligkeit der Nahrungsmittelindustrie beruht, sei zum Scheitern verurteilt (was wir ja schon lange sagen…), denn es sei nicht im Ernst anzunehmen, dass diese irgendeiner Massnahme zustimme, die ihre Gewinnmöglichkeiten schmälern könnte. Gefordert wird die sofortige Einführung eines Ampel-Systems bei der Kennzeichnung der Lebensmittel, ebenso die Ausdehnung der heute nur für die Kinderprogramme geltenden Werbe-Einschränkungen (bezüglich stark fett-, zucker- und salzhaltiger Lebens- und Genussmittel) auf das ganze TV-Programm (da dieses ja auch von den Kindern geschaut würde). Zudem sei die Forschung darüber zu intensivieren, wie sich diese und ähnliche Regulierungen auf das Verhalten nicht des Einzelnen sondern ganzer Bevölkerungsschichten auswirken können. Überdies – und das ist ein neuer Aspekt – solle die Regierung Massnahmen erarbeiten, um zu verhindern, dass im Nahverkehr kurze Strecken mit dem Auto zurückgelegt werden…

Das sind völlig neue Töne in der Adipositas-Debatte, vor allem deshalb erstaunlich, weil sie aus einem tendenziell eher konservativen Gremium stammen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Industrie diese Vorschläge und Empfehlungen sogleich als weltfremd, kurzsichtig und populistisch verurteilt und auf die fehlenden wissenschaftlichen Grundlagen hingewiesen hat… – Die weitere Diskussion dürfte spannend werden.