25/9  Zugespitzt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:12

Wenn eine politische Partei, für die nicht ganz dreissig Prozent jener knappen Hälfte der Bevölkerung, die an die Urne geht, ihre Stimme abgegeben hat (was nach Adam Riese dann rund 16 Prozent der erwachsenen Gesasmtbevölkerung ausmacht) – wenn also eine politische Partei dann durch ihre Propagandamaschinerie verkünden lässt, es sei „DAS VOLK“, das geschlossen hinter ihr stehe und ihr sein Vertrauen ausgesprochen habe, dann bezeichnen wir eine solche Gruppierung zu Recht als verlogene Bande von Wichtigtuern mit leicht totalitärem Anstrich.

Sie wehren sich dann und sagen, man hätte eben die Aussage etwas „zugespitzt“. Und das sei legitim, gerade in Vorwahl-Zeiten. Das Zuspitzen ist sowieso etwas, das auch jene Medien gerne machen, die sonst Wert auf die Annahme legen, sie hätten die Wahrheit für sich gepachtet. Und die sich durch einen selbstauferlegten Codex selber zu Ehren- und Wahrhaftigkeit verpflichtet haben.

Wie anders als „zugespitzt“ muss ich denn einen Titel deuten, den die heutige SonntagsZeitung über einen Text gesetzt hat? – Ein Volk von Essgestörten steht da in fetten Lettern. Und es geht darum, dass eine Studie der Universität Zürich herausgefunden hat, dass es in der Schweiz nicht bloss (wie bisher statistisch angenommen) 0,5 bis 1 Prozent Menschen mit einer gravierenden Essstörung gibt, sondern ganze 4,1 Prozent. Das ist ein bemerkenswerter Befund, der zu einigen Überlegungen Anlass geben kann, der auch nach gezielten Strategien im Rahmen der Prävention ruft.

Aber aufgrund dieses Vier-Prozent-Wertes nun Alarm zu lärmen und so zu tun, als sei das Schweizer Volk als Ganzes essgesgtört – das halte ich nun bei allem Respekt vor dieser Krankheit für übertrieben. Zugespitzt eben. Eine Zeitung, die ernstgenommen werden möchte, täte gut daran, auch in solchen Fragen die Verhältnismässigkeit zu wahren. Man dankt für das Verständnis.