26/1  Schoko-Dienst

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:01

Es gab eine Zeit, da war Schokolade ein heiss begehrtes aber nur selten verfügbares Genussmittel. Aus speziellem Anlass, bei besonderer Gelegenheit, an ausgewählten Fest- und Feiertagen gab es einige Täfelchen, die man genussvoll und andächrtig in sich selber gekehrt zwischen Zunge und Gaumen zergehen liess.

Dann wurde die  braune Leckerei zum alltäglichen Gebrauchsgut. Ganze Regale türmten sich in den Supermärkten, unzählige Sorten und Marken, in immer neuen Geschmacksrichtungen und Varianten. Die 100-Gramm-Tafeln wurden grösser und grösser, die Ein-Kilo-Tafel wurde zum Schnäppchenpreis angeboten, die goldene Zwei-Kilo-Toblerone  entpuppte sich als ideales Geschenk in Sachen Swissness.

Dann kam die Gesundheits-Phase: je höher der Gehalt an dunklem Kakao, desto bekömmlicher sei der Genuss, geradezu eine medizinische Wohltat, Vorbeugung für vielerlei Krankheiten, so dass man kein schlechtes Gewissen mehr zu haben brauchte, wenn man der Versuchung erlegen war… bloss dass die dunkle Schokolade doch etwas weniger gut schmeckte.

All diese Phasen sind vorbei, sie werden abgelöst durch eine neue Verkaufs-Strategie des Marktführers in der kundennahen Schokoladenproduktion: Nestlé hat das erfolgreiche Verkaufsprinzip, das sich beim Kaffee mit der Marke Nespresso so gewinnbringend bewährt hat, kurzerhand auf die Schokolade übertrgen. Eine spezielle Auswahl von Schokolade-Sorten wird als Maison Cailler online zum Verkauf angeboten. Der Kunde kann sich das Sortiment nach seinem persönlichen Gusto zusammenstellen, kann den Einkauf elektronisch mit einem Mausklick tätigen – und 48 Stunden später wird die Packung ins Haus geliefert.

Was sollen wir denn davon halten? Der Gang zum Kiosk oder zum Süssigkeiten-Automat hat uns bei aufkeimender Lust nach Schokolade doch immerhin noch einige Schritte Bewegung gekostet. Der Mausklick und die digitale Bestellung ersparen uns die Anstrengung. Mit 12 Kilo Schokolade pro Kopf und Jahr steht die Schweiz ohnehin schon weltweit an der Spitze der statistisch erfassten Länder. Kann der Online-Versand das noch toppen? – Ich bin sicher: in der Begründung wird es heissen, der Kunde habe das so gewollt. Und der Markt mache nichts anderes als die Wünsche der Kunden zu erfüllen…