29/6  Alles schmilzt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:51

Wir sind eigentlich eine undankbare Bande. Schneit es, ist es uns bald einmal zu viel. Regnet es, beklagen wir uns, dass alles absäuft. Scheint mal ausnahmsweise die Sonne, jammern wir über die brütende Hitze…

Aber ich musste heute notfallmässig zum Coiffeur weil mir der Schweiss nur so in den Bart und von dort dem Hals entlang nach unten perlte… und ich weiss gar nicht mehr, wie ich das früher überhaupt ausgehalten habe, im Sommer auf dem Bauernhof, unter der sengenden Sonne Garben bindend, oder im Militär in voller Kriegsausrüstung auf dem Marsch…

Natürlich war ich damals noch dünn, gute 90 Kilo leichter, ohne diese wärmespeichernde Verpackung, diese Isolationspolster direkt unter der Haut, von denen man fürchtet, dass sie sich jederzeit verflüssigen könnten, so wie das Fett in der Pfanne am Fernsehen mit Hilfe der Artischoken-Tinktur zerläuft und innert Sekunden zu einer unansehnlichen Pfütze wird.

Man macht sich schon darauf gefasst, dass sich das dünnflüsssige Fett in den Beinen sammeln könnte, die dann zu elefantöser Dicke anschwöllen, wie Säcke über die Schuhe auf den Boden hängend… und dies wiederum weckt die wahnwitzige Fantasie, es müsste doch möglich sein, mit einem gezielten Nadelstich diesen Fettsack anzupieksen, worauf dann die gelbliche Sosse heraussprudeln würde, um sich auf dem heissen Asphalt zu verlaufen, ehe sie zischend verdampft. Den Geruch, der dabei entstehen würde, stelle ich mir nicht vor.

Zum Glück habe ich es gerade noch rechtzeitig zuhause die Treppe hoch geschafft, mir die durchschwitzten Kleider vom Leib gerissen, mich unter die kalte Dusche gestellt und dann zum Chillen im abgedunkelten Zimmer aufs Bett gelegt. Jetzt geht es wieder einigermassen.