20/1  Der Bien muss!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:21

Es ist ein alter Russenwitz, wohl noch aus stalinistischer Zeit. Trafen sich ein deutscher und ein russischer Imker. Gegenseitig prahlten sie mit den Errungenschaften ihrer Bienenzucht. Der Russe geriet ins Schwärmen. Bei uns, sagte er, sind die Bienen einen Meter gross und bringen pro Flug 50 Kilogramm Pollen heim… Aber wie um Gottes Willen, wollte der Deutsche wissen, kommen diese Riesengrossen Bienen denn in das Bienenhäuschen hinein? Der Russe überlegte nicht lange, er sagte nur: Der Bien muss!

Der Witz hatte natürlich mit der damals aufgezwungenen Planwirtschaft zu tun, deren Zielerreichung mit brutalen Methoden durchgesetzt wurde. Diese Geschichte kam mir in den Sinn, als ich heute die Nachricht las, dass das russische Gesundheitsministerium rigorose Massnahmen erwägt im Kampf gegen die auch in jenen Landstrichen weiter zunehmende Adipositas. Gefordert werden harte Einschränkungen bei der Werbung für Süssgetränke und Fastfood, eine Deklaration der Nährstoff-Anteile bei Lebensmitteln inklusive Kalorienangaben, ein Verbot für Nahrungsmittelwerbung, die sich an Kinder richtet… alles, was im Rest der Welt auch – zumindest diskutiert wird.

Natürlich – und das ist der Unterschied zur Stalin-Ära – regte sich auch in Putin-Land sofort der Widerstand der Getränke- und Fastfood-Oligarchen. Die geplanten Gesetze würden nicht nur sie in  den Ruin treiben, ebenso gefährdet wären die auf Werbung angewiesenen Medien und alle Sport-Events, die massgeblich von Getränke- und Foodherstellern gesponsort werden… Die Regierung solle überlegen, wie sie für den so entstehenden wirtschaftlichen Schaden aufkommen wolle.

Der Schluss läge nun nahe, anzunehmen, dass das Regime in Moskau – in Analogie zu den Bienen – einfach dekretiert, und die Industrie „muss“. Allerdings weiss man zurzeit nicht, ob Väterchen P eventuell selber an einigen Konzernen beteiligt ist – und daher das Dekret noch rechtzeitig mildern oder aufheben wird. Die Entscheidungswege in der Politik sind oft undurchsichtig. Wir dürfen mit einiger Spannung nach Osten blicken.