27/1  Abnehmen auf Befehl

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:44

In unserer Rekrutenzeit, also vor gut 50 Jahren, gab es diesen Witz betreffend Kenntnis der militärischen Grade. Woran erkennt man den Korporal? Am Winkel auf dem Ärmel. Woran den Hauptmann? An den drei Spaghetti am Hut. Und woran erkennt man den Obersten? Am dicken Bauch!

Als ich dann Jahre später die Zentralschule III absolvierte, war unser Klassenlehrer, wenn ich mich richtig erinnere, ein Oberst Masson, irgendwie verwandt mit dem legendären Chefspion aus dem zweiten Weltkrieg. Und der war ein mächtiges Trumm von Mann, neben dem ich mit meinen damals rund 120 Kilo relativ sportlich wirkte.

Aber keinem wäre eingefallen, Massons militärische Tauglichkeit in Zweifel zu ziehen. Er war ein blitzgescheiter Analytiker, ein listenreicher Taktiker, ein Meister der präzisen und prägnanten Formulierung, wenn es darum ging, einen Auftrag in eine griffige Absichtserklärung und einen Befehl umzuschreiben.

Es gelang ihm, uns auch nach einer bösen Nachtübung mit einem brillanten Referat wach zu halten und zu neuen Leistungen anzuspornen… ihm galt unsere Bewunderung.

Und nun lesen wir im Sonntagsblatt, dass die Schweizer Armee keine übergewichtigen Offiziere mehr dulden wolle. Keine adipösen, genauer gesagt, denn die Grenze liegt bei BMI 29,9. Wer darüber ist, muss sich in Beratung begeben. Mit dem Argument, höhere Offiziere müssten Höchstleistungen vollbringen, was ihnen auch eine totale Fitness abverlange.

Nun könnte man dieses Argument verstehen, wenn es sich etwa um das Heer von Attila dem Hunnen handeln würde, oder um das von Alexander dem Grossen. Oder um die römischen Legionen, die bis zu 50 Kilometer an einem Tag zu Fuss zurücklegen mussten, mit 40 Kilo Vollpackung notabene… Und dass Kampfpiloten oder Panzerfahrer gewisse Auflagen bezüglich ihres Körpervolumens erfüllen müssen, das leuchtet ebenfalls ein… Aber gerade der höhere Stabsoffizier, dessen Job mit der Entwicklung der modernen Armeen immer mehr zu einer planerischen Aufgabe vom Büro aus geworden ist, der muss sich heute nicht mehr mit dem Schwert in der Hand auf dem Kampffeld tummeln… Seine intellektuellen Fähigkeiten dürften nicht von seinem Körpergewicht abhängen, dafür war unser Masson ein eindrückliches Beispiel. Und dass dürre Fitness nicht zwingend ein Mass für charakterliche Bonität sein muss, das haben etwa die Beispiele von General Petraeus in der US-Army oder des Vorgängers unseres aktuellen Armeechefs Blattmann ja deutlich gezeigt.