22/5  Alter Chinese!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:24

Es ist eine Wucht. Dass die Chinesischen Kaiser schon immer einen Hang zum Gigantismus hatten, vergleichbar mit dem der pyramidenbauenden Pharaonen, dazu genügte es, auf dem Satellitenbild die Chinesische Mauer zu sehen… Aber über welche Raffinesse die alten, früheren Kulturen in China schon verfügten, das wird einem bewusst, wenn man in Bern die Ausstellung Qin (ausgesprochen: Chin) besucht.

Es war eine mehr routinemässige Generalversammlung des Dachverbands gemeinnütziger Organisationen, in deren Anschluss jeweils noch ein kuturelles „Event“ geboten wird. Da die Versammlung diesmal in Bern stattfand, lag es nahe, den Terrakotta-Kriegern in der Sonderschau im Historischen Museum einen Besuch abzustatten, mit freundlicher Unterstützung des Qin-Sponsors UBS.

Gezeigt werden nicht nur einige dieser prachtvollen, lebensechten Tonfiguren in ihrem rekonstruierten Umfeld, die Ausstellung vermittelt mit einer Fülle von weiteren Exponaten einen Einblick in den Alltag im alten China. Ein raffiniert angelegter Parcours führt dabei durch die Zeit dieses ersten Beherrschers des ganzen Chinesen-Reichs und gibt einen Eindruck von der Handfertigkeit, dem Kunstsinn und dem erfinderischen Wagemut, mit dem bereits vor mehr als 3’000 Jahren das Leben bewältigt wurde, als unsere Vorfahren noch in Ötzis Lederbekleidung herumstapften und Steine klopften.

Die Möglichkeit, all diesen kulturellen Reichtum in seinem historischen Zusammenhang zu erleben, direkt vor der Haustüre, ohne dass man dazu vor Ort zu reisen braucht, ist eine gewaltige Chance zur Erweiterung des Horizonts, die man nicht versäumen sollte.

Einen Wermutstropfen hat es allerdings: in der ganzen Ausstellung gibt es keinen einzigen Stuhl, keine Bank, keinen Sitzplatz, wo man die vom anspruchsvollen Parcours strapazierten Glieder und Gelenke etwas ausruhen könnte… Ich habe den Direktor darauf angesprochen. Es gäbe, sagt er, am Eingang kleine Klappstühle, die man individuell beziehen und mitnehmen könne. Aber man habe bewusst auf stationäre Sitzmöglichkeiten verzichtet, um nicht mit der Feuerwehr in Konflikt zu geraten und um in Stosszeiten mehr Besucher durchschleusen zu können. Das ist eine redliche, ehrliche Antwort. Ich habe nicht gefragt, bis zu welchem Gewicht die Stühle belastbar wären.