26/5  Wunder der Chemie

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:14

Wir haben uns mit der Erkenntnis abgefunden. Es gab und gibt keine „ultimative Pille“ zum Abnehmen. Die Nebenwirkungen bei allen Präparaten, die im Hirn die Lust aufs Essen beeinflussen, sind so ausgeprägt, dass niemand das Risiko eingehen will, so ein Produkt auf den Markt zu werfen. Immerhin: es sollen – soviel man bis jetzt weiss – über 40 Hormone bzw. Botenstoffe sein, welche das Essverhalten steuern. In dieses diffizile System einzugreifen wird als zu heikel, ja gefärlich angesehen.

Und nun lesen wir im SonntagsBlatt, dass da ein Chemiker in Holland eine Pille entwickelt hat, welche bei Frauen die unbändige Lust auf Sex weckt. Und als einfältiger Mann stellt man sich natürlich sofort verfängliche Fragen: Wie kann es sein, dass die Lust aufs Essen ohne schlimme Nebenwirkungen nicht beeinflussbar ist, während sich die Lust auf Sex so ohne weiteres medikamentös manipulieren lasst?!

Kann es sein, dass unser Geschlechtstrieb viel einfacher zu kontrollieren ist als unser Trieb, durch Nahrungsaufnahme zu überleben? Das Eine ist doch ohne das andere nicht möglich. Was nützt mir das geilste Kopulations-Verlangen, wenn ich am Verhungern bin? Werden da menschliche Grundbedürfnisse mit ungleichen Ellen gemessen?

Von gewissen Nebenwirkungen ist im Artikel schon die Rede: Kopfweh und ein leichtes Schwindelgefühl, das freilich bei Tests von einzelnen Probandinnen als „angenehm“ bezeichnet worden sei… – Kopfweh war bisher ja eher im gegenteiligen Zusammenhang aufgetreten. Und beides ist nichts im Vergleich mit den Depressionen und der Suizidgefahr, die mit gewissen Appetitzüglern in Verbindung gebracht werden.

Noch ist das Präparat nicht marktreif. Sollte es sich durchsetzen, würde zumindest die Chance auf vermehrte körperliche Aktivität etwas vergrössert, was als Nebenwirkung ja auch nicht zu verachten wäre.