18/9  Lob der Klugheit

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:19

Einst lautete die gereimte Werbebotschaft: Der Kluge reist im Zuge. Aber das ist schon eine Weile her. Heut zeigt uns das Werbefernsehen Menschen, die planlos durch im Sekundentakt wechselnde Landschaften speeden und dabei selber im Sekundentakt ihr Outfit tauschen… Symbol für eine nervenaufreibende Rastlosigkeit rund um die Uhr. Direkt verwunderlich, dass die Gewerkschaften dagegen noch keine Volksinitiative lanciert haben!

Heute früh im Hauptbahnhof fing es an. Da überfielen mich jüngere Menschen, die plakative Gilets umgeschnallt hatten, auf denen zu lesen war: NEIN zu diesem Epidemiegesetz! Ich wollte sie freundlich fragen, zu welcher Fraktion sie denn gehörten: ob zur Gruppe der Wahrsager, der Wunderheiler oder derjenigen mit den falschen Doktortiteln. Aber sie hatten für meine Neugier kein rechtes Verständnis, zumal sie merkten, dass ich bereits brieflich abgestimmt hatte.

Im Zug von Zürich nach Bern war ein grosses Gedränge. Ich erwischte noch gerade einen Sitzplatz, aber viele mussten stehen und rechneten in herben Worten die 100 Franken Fahrpreis gegen den Stehkomfort auf. Die Sitzung in Bern war dann sehr konstruktiv und positiv. Es ging darum, gemeinsam Möglichkeiten zu prüfen, wie man die gesundheitsförderliche Alltagsbewegung propagieren und unterstützen könnte, politisch auf allen Ebenen der Entscheidung, vom Bund über die Kantone bis zu den Gemeinden. Auf die Gefahr hin, dass der Gewerbeverband dann wieder dagegen ist…

Auf dem Heimweg dasnn eine unvorhergesehene Schweizerreise. Um ein Uhr pünktlich im Intercity, der wegen einer Stellwerk-Störung allerdings mit einigen Minuten Verspätung abfahren würde. Nach fünfundzwanzig Minuten dann die Erkenntnis, dass dieser Zug nicht mehr weiter fahren könne und dass Reisenden nach Zürich der Weg über Biel empfohlen wurde. Worauf sich ein voller Zug entleerte und die Leute den Regio-Express an den Jurafuss enterten, in dem nun Zustände herrschten wie in der Tokioter U-Bahn.

Ich beschloss, die nächste fahrplanmässige Abfahrt abzuwarten. Da fuhr ein Zug nach Zürich ein. Sieh da, dachte ich, es geht wieder, und kletterte frohgemut in den Wagen. Die Abfahrt werde sich um einige Minuten verzögern, hiess es auch hier, aber schon ruckelte die Komposition los… Allerdings nur bis Langenthal. Dort war Ende der Dienstfahrt und den Reisenden nach Zürich wurde angeraten, auf eine regionale S-Bahn umzusteigen…

Wie auch immer: vier Stunden nach Antritt der Rückfahrt traf ich – via Grenchen und Solothurn – in Zürich ein und freute mich über die Perspektive, dass wir von der Bahn demnächst kleine Verpflegungskioske auf den Perrons installiert bekommen. Dienst am Kunden wird eben gross geschrieben.