12/1  Ampel-Krieg

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:18

Viele Experten plädieren dafür, die „Ampel“ als einfachstes und verständlichstes Mittel zur Deklaration der Nährwerte auf der Packung zu verwenden. In England wurde letzten Juni die rot-gelb-grüne Ampel in Kombination mit der Angabe der GDA-Werte auf freiwilliger Basis empfohlen. Die EU hat noch keinen Entscheid gefällt, dieses System zu übernehmen, aber schon formiert sich Widerstand.

Italien wirft sich wie weiland Winkelried in die Ampel-Speere und bahnt den Gegnern eine Gasse. Das Ampel-System sei zu einfach und würde vor allem die mediterrane Diät benachteiligen. Diese gilt auch nach seriösen medizinischen Tests als eine optimale Ernährungsform, um den Körper ausreichend – aber nicht zu üppig – und ausgewogen mit Nährstoffen zu versorgen.

Zahlreiche Elemente der mediterranen Kost – so die Befürchtung der Italiener – würden zwangsläufig mit der roten Farbe gekennzeichnet und kämen damit gewissermassen auf den Index: Olivenöl, Parmaschinken, traditionelle Käsesorten, Konfitüren… diese wären nach britischem Reglement „rot“, ihr Umsatz beläuft sich auf 632 Mio Euro pro Jahr! Und manche von ihnen wurden von der UNESCO zum schutzwürdigen Welkulturterbe erklärt.

Die Einführung der Ampel-Kennzeichnung in Italien würde also dazu führen, dass vor den gleichen Produkten gewarnt wird, die auch ein spezielles Gütesiegel tragen. Paolo di Croce, der Generalsekretär der internationalen Slow-Food-Bewegung, geizt denn auch nicht mit Kritik an der Ampel: Das System sei zu simpel, lasse keine Differenzierung zu, nehme auf Besonderheiten der Rezeptur keine Rücksicht und enthalte viel zu wenig detaillierte Informationen. Dies führe zu einer heillosen Verwirrung der Konsumenten, wenn etwa die Ampel-Kriterien in 28 Ländern unterschiedlich definiert und angewendet würden.

15 EU-Länder haben sich der italienischen Anti-Ampel-Position bereits angeschlossen. – Diese Interpretation des Ampel-Konzepts beruht, so meine ich, auf einem fundamentalen Missverständnis, das allerdings den Gegnern sehr zupass kommt. „Rot“ bedeutet keineswegs, das ein so gekennzeichnetes Produkt überhaupt nicht konsumiert werden solle. Die rote Farbe weist nur auf den Energiegehalt der Speise hin, und der wird ja nicht bestritten. Lebensmittel mit hoher Kaloriendichte sind keineswegs verboten, die Kennzeichnung signalisiert nur, dass man sie nicht in zu grossen Mengen verzehren, sondern sie als Leckerbissen besonders – aber mit Mass – geniessen sollte. Und das, so habe ich es verstanden, ist ja auch eine der Zielsetzungen der Slow-Food-Bewegung. Oder geht es doch wieder mal nur um den reinen Profit?