18/3  Plakat-Botschaften

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:10

Manchmal fragt man sich, ob die Leute selber wissen, was sie sagen wollen. Und vielleicht ist das ja gerade die Absicht: dass wir im Vorbeigehen innehalten, über eine Formulierung nachdenken, ins Grübeln geraten und uns so – nolens volens – mit dem Inhalt befassen, ihn uns vielleicht sogar merken.

Am Bahnhof, wenn ich die Strasse überquere, prangt eine kleine Affiche vor dem Kiosk-Shop. Energie zu tanken ist voll ok – steht da. Die Werbung, so viel ist klar, gilt einem alternativen Energy-Drink mit dem Markennamen „ok“, einem Eigen-Produkt der Kiosk-AG oder wie die Firma heutzutage heisst. Die Begriffe „Tanken“ und „voll“ lenken unsere Aufmerksamkeit aufs Automobil… wo es unbestritten klar ist, dass man tanken muss, um vorwärts zu kommen. Je völler desto weiter. Aber das Auto verbraucht die Energie, den Sprit, unweigerlich.

Hingegen der menschliche Körper, den man so mit flüssiger Energie auftanken soll, müsste sich jetzt extra bewegen, Leistung erbringen, um den zusätzlichen Boost wieder loszuwerden, sonst siedelt sich dieser zwangsläufig in der Bauchgegend an und ist nur noch für den Hersteller und den Verkäufer des Drinks „ok“, nicht aber für die Gesundheit des Trinkers. Also: was wollte uns das Plakat nun effektiv vermitteln?

Nahezu mystisch und abgründig wird die Mitteilung eines Kosmetika-Herstellers. Da steht in satten Grossbuchstaben: MEGA VOLUMEN. Und darunter: oben wie unten. Darüber ein Name: Miss Manga. – Nun frage ich mich auf dem ganzen Weg zu meinem Sitzungsort, wie denn dieses „mega Volumen“ aussieht, ober das die Miss Manga verfügen soll, oben wie unten… und da ich anfällig bin für plastische Vorstellungen, male ich mir die Dame zunächst in Körbchengrösse aus. Das würde für „oben“ ziemlich viel hermachen. Aber was ist mit „unten“? Wo müsste sich dort das Volumen ansiedeln? Etwa in einem extrem voluminösen Hinterteil? Oder geht es gar nicht um Körperliches? Zielt das Präparat auf dem Plakat am Ende aufs Haar? Das würde „oben“ wieder Sinn machen. „Unten“ traue ich der Sache allerdings nicht so recht, das läge ja nicht im Trend von Brazilian Waxing und Co…

Der beherzte Schritt zu Google gibt die Antwort: bei Miss Manga handelt es sich schlicht um ein Mascara-Produkt, und „oben“ bzw. „unten“ meint nur die Wimpern. Hony soit qui mal y pense.