10/2  Lost & found

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:31

Es geht ums Verlieren. Gazetten und Magazine und Inernet-Portale sind in diesen Tagen voll von sich gegenseitig überbietenden Erfolgsrezepten zum Abnehmen: der Winterspeck lastet tonnenschwer auf den Hüften und am Bauch der Menschheit, jedenfalls in unseren überfütterten Breitengraden.

Was mir bei der staunenden Lektüre all der Heilsbotschaften auffällt ist eine sprachliche Besonderheit. Durch Band weg ist die Rede davon, dass das Mittel X oder das Verhalten Y uns garantiert helfen, Gewicht zu „verlieren“. Von „verlorenen“ Kilos und Pfunden sit die Rede… ganz so, als handle es sich um eine eher zufällige Begebenheit, bei de einem – schwupps und unbemerkt – so und so viele Kilos „abhanden kommen“ ohne dass wir es eigentlch richtig merken würden.

Denn das ist ja die Besonderheit am Verlieren: dass wir den Verlust erst dann realisieren, wenn wir etwas suchen, das wir nicht mehr finden… Plötzlich merken wir, dass die Kilos weg sind – und wir haben keine Ahnung, wo sie sein könnten! Haben wir sie verlegt? Im Kühlschrank, wie es Demenz-Patienten oft mit ihren Handys halten? Oder sind sie unbemerkt im Sofa in die Polsterritze gerutscht, wo sie nur darauf warten, dass sie beim nächsten Reinemachen wieder entdeckt werden?

Überhaupt: in welcher Form haben wir sie denn verloren, unsere Kilos? Sind es schleimige, gelbliche Fettklumpen? Oder ist es eine wässrige, weissliche Flüssigkeit, die irgendwo in einer Bodenritze vertrockent und dann unwiederbringlich weg ist? Es weht ein düsteres Geheimnis um unseren Gewichts-Verlust, das auf der anderen Seite auch die Frage nach dem Gegenteil aufwirft: wenn wir Kilos „verlieren“ können, könnten wir sie denn auch „gefunden“ haben? Oder wie geht das, wenn jemand anderer unsere verlorenen Kilos findet? Darf oder muss er sie behalten? Hat er Anrecht auf einen angemessenen Finderlohn? Und was könnte das sein: hundert Gramm pro Kilo, in feinstem Fett?

Fragen über Fragen, die ich mir gar nicht alle auszumalen wage. Bis auf die eine: gibt es für verlorenes Gewicht auch so etwas wie ein Fundbüro?

Nachtrag:

Natürlich gibt es auch eine wissenschaftliche Antwort auf die Frage nach dem „Verschwinden“ des Körperfetts. Es wird „verstoffwechselt“ und in seine Bestandteile zerlegt, die getrennt ausgeschieden werden, wie in dieser Erklärung anschaulich dargelegt.