16/4  Niemals vergessen!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:31

Das war damals im kalten Krieg ein Kampfruf gegen die Diktatur aus dem Osten. Die Bewegung wurde im Nachgang zum Ungarn-Aufstand von 1956, der von der Roten Armee blutig niedergewalzt wurde, ins Leben gerufen, mit dem Ziel, jeden kulturellen und wirtschaftlichen Kontakt mit der Sowjetunion zu boykottieren. Ihr Logo war eine Schlange, die von einem Schwert durchbohrt und am Boden festgehalten wurde.

Und doch hat man wenige Jahre danach schon mit dem Vergessen begonnen. Ich war damals Redaktor der Studentenzeitung an der Uni Bern. In jeder Ausgabe hatte die „Aktion“ an prominenter Stelle einen flammenden Aufruf zum Nicht-Vergessen platziert… bis ich eines Tages beschloss, fortan auf diesen Appell zu verzichten, was mir einige Schmähbriefe aus dem rechts-konservativen Lager einbrachte. Die Schweizer Wirtschaft hatte längst ihre Handelsbeziehungen mit dem „Ostblock“ wieder aufgenommen, wir waren schliesslich neutral…

Um diese Art des Vergessens oder des Niemals-Vergessen geht es hier allerdings nicht. Es geht um das Phänomen der Demenz und eine ebenso neue wie kontroverse Erkenntnis zum Zusammenhang zwischen Übergewicht/Adipositas und Demenz/Alzheimer. Eine umfassende Langzeit-Studie mit Daten von fast zwei Millionen PatientInnen, die zwischen 1987 und 2013 bei Allgemeinärzten behandelt wurden, führte zur Erkenntnis, dass Menschen mit Übergewicht zu einem Drittel weniger dazu neigen, im späteren Alter von Demenz betroffen zu sein, als normalgewichtige Menschen.

Diese Aussage verwirrt die Fachwelt, steht sie doch in diametralem Widerspruch zur bisher geltenden Lehrmeinung, dass ein Zuviel an Gewicht auch das Risiko erhöhe, an Alzheimer zu erkranken. Eine Ursache für diesen neuen und überraschenden Befund ist allerdings nicht in Sicht. Hier wird – wie immer auf diesem Gebiet – in Zukunft noch viel zu forschen sein, auf der Suche nach einer definitiven Erkenntnis. Mir jedenfalls verschafft die neue Studie doch eine gewisse Erleicherung: muss ich mir nicht mehr jedes Mal die Frage stellen, ob dies nun der Anfang von Demenz sei, wenn mir ein Name oder ein Datum nicht auf Anhieb einfallen will… es könnte auch „nur“ das Alter sein.