12/1  Ehrlich is(s)t am besten

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:01

Die Welt wolle betrogen sein, sagt man. Das ist vielleicht einer der Gründe, weshalb man in unseren Breitengraden bisher – mit sehr geringem Erfolg – versucht hat, das nahrhafte, günstige und nachhaltige Protein von Insekten nur in abgewandelter, quasi veredelter und verarbeiteter Form unter die Leute und in die Mäuler zu bringen. Tests mit Insektenkost, meist per Grusel-Effekt medial ausgewertet, stiessen noch kaum je auf grossen Widerhall. Experimentelle Show-Verkostungen erregten vielleicht Aufsehen, blieben aber ohne grosse Auswirkungen auf den Speiseplan.

Das Jungunternehmen Entoma in Frankreich hat letztes Jahr einen anderen Weg beschritten. Es besann sich auf glasklare Transparenz und Produkte-Ehrlichkeit: wo Heuschrecken drin sind, sollen auch Heuischrecken draufstehen. So wurden die ganzen Grashüpfer als solche zu einem knusprigen, aromatisierten Apéro-Snack frittiert, in natürlichen und gängigen Aromen wie Curry, getrocknete Tomaten, Pfeffer, Sesam, Kümmel und Knoblauch. Die wohlschmeckenden, exotischen Knabbereien stiessen auf Interesse und Nachfrage. Sie wurden von Gourmet-Bloggern gepriesen und fanden Eingang in Szenelokale und angesagte Shops. Der Erfolg übertraf alle Erwartungen, wie die Ernährungsplattform Food Navigator berichtet. Das Produkt wurde zur jahresbesten Innovation im Foodbereich gekürt.

Die positive Resonanz ermutigte die Hersteller, neue Angebote zu entwickeln. Auf der Basis ihrer erfolgreichen Technologie, aber noch im Stil der bisherigen „kaschierten“ Nährstoffe wurde ein Eiweiss-Riegel aus Heuschreckenmehl ausgetüftelt. Zu dessen Herstellung werden allerdings neue Produktionsanlagen benötigt, für die zuerst das erforderliche Geld aufgetrieben werden musste. Die Geldsuche verlief über Erwarten positiv, so dass in diesem Jahr die Herstellung eines Power-Riegels für Sportler in Angriff genommen werden kann, unter Verwendung von Insekten-Eiweiss.

Keine Frage: auf der Basis der Cuisine Française haben die Krabbeltiere eine gute Chance, unseren Menüplan zu erobern. Die Gourmet-Verführung wirkt offenbar besser als der rationale Appell an unser Umwelt- und Nachhaltigkeits-Bewusstsein.