19/1  Never Ending Disput

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:30

Die Argumente sind wohl immer die gleichen. Beim Stöbern im Internet bin ich auf einen „alten“ Zeitungsartikel aus dem Jahre 2014 getossen, in dem es um die damals aktuell erhobenen bzw. publizierten Werte der Gesundheitsbefragung zum Thema Übergewicht und Adipositas ging. Die grafische Darstellung der statistischen Werte zeigte auf, wie stark die Bevölkerung der einzelnen Kantone betroffen ist, wo es die meisten und wo die wenigsten Dicken gibt. Dazu Erklärungsversuche von Fachleuten, warum es sich so und nicht anders verhält…

Die Fakten sind korrekt und bekannt. Bemerkenswert sind die Kommentierungen durch die Leserschaft, die im Anhang zum Artikel erfasst und zugänglich sind. Vorherrschend durch alle Facetten der insgesamt 77 Kommentare scheint die Meinung zu sein, dass die Gewichtszunahme der Schweizer Bevölkerung vornehmlich ein Problem der fehlenden Willenskraft bei den Dicken sei, sich beim Essen zu mässigen bzw. zu beherrschen…

Diese Erkenntnis ist ebenso erschütternd wie befremdlich: warum ist es uns in all den Jahren nicht gelungen, eine weitere Öffentlichkeit mit sachlicher Information davon zu überzeugen, dass die Adipositas-Problematik extrem vielschichtig und komplex ist? Dass das individuelle Verhalten und der persönliche Lebensstil zwar eine wichtige Rolle spielen, dass aber eine Reihe von fatalen Faktoren die Entstehung von Übergewicht begünstigen, die sich vom Einzelnen nicht oder kaum beeinflussen lassen? Dass es bei gegebener Veranlagung in vielen Fällen unmöglich ist, sich dem „Überlebenswillen“ seines eigenen Organismus‘ zu widersetzen?

Ich bin immer wieder erstaunt, wie leichtfertig und unbedacht der Begriff der „Selbstverantwortung“ ins Feld geführt wird, wenn es darum geht, von einer kollektiven Verantwortlichkeit abzulenken, die wir gemeinsam für unsere westliche Wohlstands-Zivilisation tragen. Die Aufklärungs-Arbeit geht uns noch lange nicht aus.