11/4  Zivilgesellschaft gegen Zucker

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:29

Ein ermutigendes Beispiel. Die vielgelobte Zivilgesellschaft, die hierzulande die verblüffende Mobilisation gegen eine unmenschliche Durchsetzungsinitiative erreicht hat, ist zu vielem anderem fähig. Das zeigt ein Beispiel aus USA, das jetzt optisch dokumentiert ist.

2014 formierte sich in der amerikanischen Stadt Berkeley eine Bewegung besorgter Eltern und Wissenschafter, mit dem Ziel, die Kinder und Jugendlichen vom übermässigen täglichen Konsum gesüsster Getränke abzubringen. Mittel zu diesem Zweck war die Einführung einer Steuer auf zuckerhaltigen Limonaden, die in der Werbung und im Lebensmittelhandel allgegenwärtig waren. Wenn nichts geschehe, sagten die Spezialisten voraus, würde in wenigen Jahren jedes zweite Latino-Kind an Diabetes erkranken.

Auf politischem Weg wurde eine Initiative eingereicht, die Einführung einer Limonade-Steuer zur Abstimmung unter der Stadtbevölkerung zu bringen. Das städtische Parlament nahm diese Vorlage einstimmig an, doch wie der Stadtpräsident betonte, war mit erheblichem Widerstand seitens der Getränke-Industrie zu rechnen.

Die „zivile“ Bewegung machte sich an die Aufklärungs- und Informationsarbeit, Freiwillige besetzten die Telefone, gingen von Tür zu  Tür, weibelten engagiert für ein JA zu der Anti-Diabetes-Vorlage… während die Industrie mit Gegenpropaganda klotzte und für Plakate, Werbespots und flächendeckende Parolen an Hauswänden und auf Plätzen über 2,3 Millionen Dollar ausgab.

Die Stunde der Wahrheit kam am Abstimmungs-Tag: 74 Prozent der Stadtbevölkerung stimmten „für“ die Steuer, bloss 26 Prozent „dagegen“. Damit war Berkeley die erste Stadt in ganz Amerika, die eine Besteuerung gezuckerter Getränke einführte. 1,5 Millionen US-Dollar aus Steuer-Erträgen sind seitdem in städtische Projekte geflossen, mit denen Kindern und Jugendlichen an  den Schulen eine ausgewogene, gesundheitsförderliche Verpflegung angeboten wird.

Die filmische Dokumentation dieses Abstimmungskampfes ist ein anschauliches Beispiel dafür, was „das Volk“ mit einer Graswurzel-Bewegung von der Basis her bewirken und erreichen kann, ein Vorbild für andere Städte, sofern die politischen Rahmenbedingungen einen solchen Vorgang erlauben. Zur Nachahmung durch die Zivilgesellschaft empfohlen.