11/5  Mediterraner Schock

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 13:19

Die „mediterrane“ Küche sei gesund. Heisst es. Freund Rolf war lange der Überzeugung, eine grosse Portion Spaghetti Carbonara sei der Inbegriff der mediterranen Ernährung, und wunderte sich, dass er nicht abnahm. Eigentlich müssten die Mittelmeer-Anrainer ja die gesündesten Europäer sein, aber eine unlängst in Rom veröffentlichte Studie spricht eine andere Sprache, wie der Italien-Experte Heiner Hug im JOURNAL 21 berichtet:

Demnach sind 46,4 Prozent der erwachsenen ItalienerInnen übergewichtig oder adipös (36,2% mit Übergewicht, 10,2% mit Adipositas – diese Zahlen entsprechen in etwa auch den Werten bei uns). Was aber auffällt: es gibt ein deutliches Gefälle zwischen Nord und Süd. Je weiter südlich der Landstrich, desto höher der Anteil der Adipositas-Betroffenen, und entsprechend auch die Häufigkeit der Begleiterkrankungen. Neu ist offenbar, dass in Italien die Lebenserwartung erstmals seit diese wissenschaftlich seriös erfasst wird, rückläufig ist. Auch wenn es sich nur um eine statistisch kleine Zeitspanne von 0,2 bzw. 0,3 Jahren handelt, wurde durch die Gesundheitsbehörde doch eindeutig eine Trendwende festgestellt.

Wie kommt es dazu? Wurde die – im klassischen Sinn „mediterrane“ – einfache Ernährung mit naturbelassenen Lebensmitteln aufgegeben zugunsten einer modischen Verpflegung mit industriell gefertigten Speisen, die kalorienreich sind und raffinierte Kohlehydrate enthalten? – Bis im Jahr 2030 sollen, so eine Prognose der WHO, sogar 75 Prozent aller ItalienerInnen übergewichtig oder adipös sein, der mediterrane Lebensstil kann seine heilsame Wirkung nicht (mehr) entfalten, Experten sprechen von einem „stillen Massaker“, das der moderne Lebenswandel auslöst.

Die Perspektive – da muss ich meinem lieben alten Kollegen Heiner Hug widersprechen – ist keineswegs tröstlich, dass die Entwicklung in den meisten Ländern in die gleiche Richtung verläuft. Handeln ist angesagt.