26/9  Wieder mal fliegen…

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:01

Seit Jahren bin ich nicht mehr in einem Flugzeug gesessen. Innerhalb von Europa habe ich mich nur noch per Auto oder Eisenbahn bewegt, da mir die Benützung von Flugzeugen mit meinen 180 Kilo zunehmend unbequem ja sogar lästig wurde. Nicht nur die unendlichen Distanzen, die es in den Flughäfen zu überwinden galt, wenn man sich mit schmerzenden Gelenken und an Gehhilfen humpelnd durch die mondänen Hallen der zeitgemässen Nomaden quälen musste oder wenn es galt, unter Aufbietung der letzten Kräfte über den Gateway zu hasten. Kam dann dazu, dass ich mich kaum in den Sitz quetschen konnte, selbst bei hochgeklappter Armlehne, was mir jeweils missmutiges Grunzen und abschätzige Blicke meiner Platznachbarn eintrug… zum Glück konnte ich zuletzt an verschiedene Fachkongresse gemeinsam mit anderen Kollegen reisen, die nicht nur von kleinerer und schmalerer Statur waren sondern darüber hinaus als Adipositas-Spezialisten auch Verständnis für meine Situation aurfbringen mussten.

Und dann war da noch die Sache mit der Beinfreiheit: meine Kniescheiben verkeilten sich jeweils in der Stuhllehne des Vordermanns und wenn dieser sich zum Schlafen nach hinten klickte, hatte ich das Gefühl, meine Knochen splittern zu hören. Und wenn man das im Vordersitz eingebaute Tablett nicht herunter klappen kann, weil die Bauchtrommel zu mächtig ist, vergeht einem jede Lust aufs Essen… Das mit dem Verlängerungsgurt allerdings war mir nicht peinlich, nach dem musste ich nie fragen, den brachten die Flight Attendants von sich aus, wenn sie mich sahen. Es gab auch Flugbegleiterinnen mit einem guten Herz. Bei einem Trip mit KLM bot man mir spontan eine leere Sitzreihe an, auf der ich querbeet halb sitzen, halb liegen konnte…

All diese Reminiszenzen stiegen in mir hoch, als ich kürzlich den Bericht las über einen Anwalt, der eine Fluggesellschaft verklagte, weil er neben einem zu dicken Mitreisenden sitzen musste. Ich will hier nicht über Diskriminierung jammern… früher konnte man ja beim Einchecken auf das Problem hinweisen und einen speziellen Platzierungswunsch anmelden. Heute geht das mit dem „Self-Check-In“ nicht mehr so einfach und viele Flüge sind so überbucht, dass kein Spielraum für Umplatzierungen bleibt.

Aber seit ich 73 Kilo leichter bin und keine Probleme mehr habe mit zu schmalen Sitzen und auch das Tablett locker herunter klappen könnte, und vor allem seit ich mühelos auch grössere Strecken zurücklegen kann, befällt mich der Wunsch, es wieder einmal mit einem Flug zu versuchen, das neue Gefühl der Unbeengtheit auszukosten und es zu geniessen, ein stinknormaler Passagier zu sein, ohne jeden Sonderwunsch und ohne dass ein Mitreisender sich bedrängt fühlt…

Nur die Beine sind leider nicht kürzer geworden.