4/11  Tupperware

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:59

Das wäre uns früher nicht in den Sinn gekommen. Es wird gegessen, was auf dem Teller ist. An die Mär vom schönen Wetter haben wir fromm geglaubt und ein schlechtes Gewissen gehabt, wenn es trotzdem schiffte.

Gut, damals waren die Portionen überblickbar und die Gefahr, dass Reste übrig blieben, relativ gering, solange man die Speisen mochte. Mit überhäuften Tellern und Fleischbergen wurden wir erst später konfrontiert, unterwegs in USA. Gewaltige Mengen von Spare Ribs, butterzart zwar, aber einfach unmenschlich viel. Und da war es kein Problem, sich die Überbleibsel einpacken zu lassen: Doggy Bag – auch wer keinen Hund zuhause hatte. Und im Hotel verputzten wir zu später Stunde den Schmaus auf dem Zimmer.

Inzwischen ist es auch bei uns problem- und anstandslos möglich, den Rest einer zu grossen Portion mit nach Hause zu nehmen. Wenn ich nach der wöchentlichen Aquafit-Stunde in das Lokal meines Vertrauens gehe und mir den eigens für mich zubereiteten Extra-Gemüseteller zu Gemüte führe, weiss ich im voraus, dass ich davon nur knapp einen Drittel essen darf (möchten täte ich ja schon, aber der Ernährungsplan schreibt am Abend eine „kleine“ Portion vor). Ich habe deshalb vorsorglich meine Tupperware-Dose in die Badetasche gepackt und schaufle nun behutsam die vegetalen Köstlichkeiten in das Gefäss: den gedünsteten Broccoli, den sammetweichen Blumenkohl, die kross gebratenen Auberginen-Scheiben, die mit Knoblauch abgeschmeckten Zucchini-Stücke, den mit einem Käsehauch überbackenen Fenchel, die glasierten Champignons, den zarten Spinat und die gedämpften Endivien… und in der Saison die exzellenten Spargeln.

Der Teller ist jeweils ein wahres Hohelied auf die Schätzhe des Gemüsegartens, marktfrisch und in der Küche liebevoll zubereitet, alles vermeidend, was auf meinem Spesezettel nicht erlaubt ist. – Wenn ich meinen Anteil genossen habe und der Rest verstaut ist, denke ich, dass ich an diesem Tag dem Ziel „5 am Tag“ einigermassen näher gekommen bin.

Eine aktuelle Untersuchung über die Essensgewohnheiten in der Schweiz hat eben ergeben, dass bloss 3 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sich strikt an die Vorgabe halten: 2 Früchte und 3 Gemüse pro Tag. Weitere 9 Prozent geben an, zwar fünfmal etwas Vegimässiges zu essen, ohne Unterschied zwischen Frucht und Gemüse. Je 25 Prozent begnügen sich mit 3-4, mit 2 und mit einer Portion pro Tag. Und ganze 14 Prozent sind Frucht/Gemüse-Muffel, die nicht einmal eine einzige Portion der Gesundmacher verspeisen!

Da hätten der treue Barry und die dumme Gans Hans am TV noch viel zu tun, wenn denn unsere Landwirtschaftpolitik sich mehr am Gemeinwohl orientieren würde als an der Profitmaximierung ihrer Klientel.