7/11  Das Patentrezept

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 11:41

Es sei schwierig, keine Satire zu schreiben. So sagt es ein altrömisches Sprichwort, das mir spontan in den Sinn kam, als ich übers Weekend die Nachricht las, die Strombarone würden gern ihre Atommeiler „verschenken“, oder doch zumindest für einen symbolischen Franken dem Staat verkaufen.

Da haben sie sich jahrzehntelang eine goldene Nase verdient mit der angeblich klimafreundlichen Kernenergie, haben mit ihrem strahlenden Müll eine Jahrmillionen dauernde tickende Zeitbombe für eine mögliche Menschheitskatastrophe gelegt, und nun wollen sie sich feiglings aus der Verantwortung stehlen und die Berappung des angerichteten Schadens und seiner allfälligen Folgen auf die Allgemeinheit abschieben.

Wenn das Schule machen sollte, werden wir demnächst überhäuft mit „Geschenken“, die keiner will: da verschenkt der Zurich-Airport seinen Fluglärm, VW verschenkt Abgaspakete für Jedermann, die Industrienationen verschenken ihren CO2-Ausstoss gleich megatonnenweise an arme Entwicklungsländer und die Amerikaner befassen sich mit dem Gedanken, nach der Wahl den oder die Gewählte subito an eine bedürftige Bananenrepublik zu verschenken, in Rom wird der Kehricht an die Haushaltungen zurückgeschenkt und die Banken verschenken happige Negativzinsen.

Nur unsereins guckt wieder mal in die Röhre: wir können uns das zuviele Fett nicht einfach von den Rippen schneiden um es jemandem als günstige Gabe anzubieten. Das sitzt fest unter der Haut, klammert sich um die Organe und zwingt uns, Dinge zu tun und zu essen, die wir unterlassen sollten. Wir müssen damit auf andere Weise fertig werden, müssen es uns abhungern, abtrainieren oder durch einen entsprechenden Eingriff zum Schwinden bringen. Hier taugt das Rezept der Stromleute nicht. Und ich hoffe doch sehr, dass es auch bezüglich der andern Schnapsideen nur beim Möchten bleibt, obwohl sich die Zeit des seligen Geschenkemachens schon in allen Schaufenstern goldenglitzernd angekündigt hat.