14/2  Schritte berechnen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:50

Es ist ein Elend mit den Etiketten. Für die einen steht zuviel drauf, für andere zu wenig. Lebensmitteldeklaration ist ein ständiges Thema, nicht nur wenn es um die ebenso ersehnte wie verpönte „Ampel“ geht. Aber nun kommt ein völlig neuer Vorschlag aufs Tapet: das Exercise Label.

Dies bedeutet, dass anstelle (oder ergänzend dazu) der Nährwert-Angaben für eine bestimmte Menge des Lebensmittels in Kalorien ein neuer Wert eingeführt wird: wie viele Minuten muss jemand gehen, der/die diese Menge gegessen hat.

Wissenschaftliche Versuche in England mit 458 Teilnehmenden haben gezeigt, dass die Kundschaft sehr senisbel reagiert, wenn man sie mit einer Messgrösse konfrontiert, unter der sie sich konkret etwas vorstellen kann. Bei der Studie wurden der Testperson jeweils zwei Produkte der gleichen Marke angeboten, wobei eines der beiden kalorienreduziert war. Auf der Etikette waren entweder nur die Kalorien angegeben, oder zudem noch die Dauer in Minuten, die man marschieren muss, um diese Kalorien wieder zu verbrauchen.

Das Resultat war eindeutig: die Gruppe, die zwischen den mit der Marschier-Dauer ergänzten Produkten auswählen konnte, entschied sich signifikant häufiger für das Produkt mit dem geringeren Kalorien-Gehalt. Der Grund ist wohl – so die Forscher – dass „man“ sich unter einer Zeitangabe wesentlich konkretere Vorstellungen machen kann als unter einer Kalorien-Zahl: diese Gruppe hat in der Versuchs-Periode deutlich weniger Energie konsumiert als die Vergleichsgruppe, die sich „nur“ an den Kalorien orientieren musste.

Wenn es den Anbietern ernst ist mit ihrem Bekenntnis, Transparenz zu schaffen bezüglich des Energiegehaltes ihrer Produkte, dann können sie hier ein Zeichen setzen. Migros und Coop überbieten sich im Moment ja gegenseitig mit Werbe-Offensiven für ihre Koch- und Ernährungsplattformen FOOBY und Migusto. Dort werden selbstverständlich die Interessen der Vegetarier und Veganer angemessen berücksichtigt, von „bewusster“ Ernährung zur Gewichtskontrolle ist aber nirgends die Rede. Mit einem Bruchteil dieses Aufwandes könnten die beiden Marktleader einen Teil ihrer Produkte mit Zusatz-Exercise-Etiketten bekleben und so ein Signal geben. – Oder müssen wir warten, bis die flinkere Konkurrenz von Aldi und Lidl ihnen zuvorkommt?