28/3  Was ist Wissen?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:28

Wissen sei Macht. Das wird landläufig kolportiert und besagt nichts anderes als dass jemand, der/die ausreichende Kenntnisse hat über die Gesetzmässigkeiten und Mechanismen des gesellschaftlichen wie des politischen Funktionierens, auch in der Lage sei, sich dieses Instrumentariums so geschickt zu bedienen, dass es zum eigenen Vorteil gereicht, sowie zum Erwerb von Reichtum und Einfluss – kurz: von Macht.

Nun habe ich aber unlängst an einer Veranstaltung aus dem Munde einer kantonalen Regierungsrätin etwas Anderes gehört: „Wissen sei Gesundheit“ müsste es heissen, denn wer in Gesundheitsdingen beschlagen sei, die Zusammenhänge kenne, sich in der sogenannten „health literacy“ profiliere, der erwerbe gewissermassen die Gesundheit für sich selber als eigenen Zustand. Deshalb seien Information und Aufklärung das Wichtigste, um die Zeitgenossen zu befähigen, ihre Zukunft beschwerdefrei zu gestalten.

Das hörte sich gut an, vor allem vor einem Publikum, das selber vor der Aufgabe steht, einen wichtigen Beitrag zur Prävention zu leisten durch fachkundige Beratung in Sachen Essen und Ernährung. Aber ich legte beim Zuhören innerlichen Widerspruch ein.

Zwischen Macht und Gesundheit besteht ein wesentlicher Unterschied: Macht kann man ausüben und dadurch Einfluss auf andere gewinnen. Nicht alle aber wollen „mächtig“ sein und ihre Mitmenschen dominieren. Gesundheit hingegen ist ein Zustand, den alle ersehnen, der die Bedingung wäre für ein langes und angenehmes Leben, frei von Gebrechen.

Paradoxerweise zeigen viele Umfragen, dass immer mehr Leute heute überzeugt sind, über die wichtigsten Informationen in Gesundheitsfragen zu verfügen… und trotzdem halten sie sich nicht daran! Weil sie einen möglichen, kurzzeitigen Vorteil bezüglich Bequemlichkeit, Genuss oder Belohnung einem Langzeit-Ziel vorziehen, das sich erst später einstellen würde.

Wenn wir die Möglichkeit haben, uns einen Lifestyle zu gönnen, der zwar angenehm ist, aber ungesund, dann ist die Versuchung übermächtig und es geht uns ein wenig wie mit der Atomenergie: sie ist da, bequem, und an die Langzeitfolgen der Entsorgung denken wir noch lange nicht… Der Hang zum Hedonismus stellt uns ein Bein. Das Wissen allein reicht nicht aus, uns so zu verhalten, wie es für die Gesundheit optimal wäre. Es braucht dazu Willenskraft und Insistenz bei der Umsetzung. Die süsse Droge „Macht“ dagegen wirkt sofort, sobald man sie erworben hat.