26/4  Fleischlos glücklich

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:36

Wir essen zu viel Fleisch. Nicht nur, weil es uns schmeckt, sondern auch weil wir von der Werbung rundum mit gluschtigen Botschaften eingedeckt werden, zur Eröffnung der Grill-Saison, obwohl draussen noch die Schneeflocken zu Boden gehen.

Gerade zweimal bin ich in den letzten Tagen einer engagierten Veganerin medial begegnet: Lauren Wildbolz. Einmal in der PresseTV-Gesprächssendung „Standpunkte“, als es um die Frage ging, wie es kommt, dass wir in der Schweiz mehr ausgeben für unser Handy als fürs Essen, und ein zweites mal in der SRF-Debattierrunde „CLUB“ zur Zulassung von Insekten (Mehlwürner, Heuschrecken, Grillen) als Nahrung in der Schweiz. Sie vertritt mit Nachdruck den Standpunkt, dass unser Protein-Bedarf auf rein pflanzlicher Basis bestens gedeckt werden könnte und dass die Zulassung der Insekten – deren Haltung und Verarbeitung ebenso ethische Fragen aufwerfen kann wie die Massentierhaltung – nur ein Ablenkungsmanöver sei, um uns von der Erörterung grundsätzlicherer Fragen rund um die Zukunft der Welternährung abzuhalten…

Wie auch immer: nachdenklich muss uns stimmen, wenn wir bewusst zur Kenntnis nehmen, wie das Fleisch, das wir uns mehr oder weniger täglich auf den Teller holen, für uns „hergestellt“ wird. Nicht, dass es in unseren Breitengraden etwa unhygienisch wäre (vom „Gammelfleisch“ und seiner kriminellen Vermarktung sei hier nicht die Rede), im Gegenteil: es wird unter höchst effizienten, fast sterilen Bedingungen präpariert, in einem durchorganisierten Fabrikbetrieb, der an Charlie Chaplins „Modern Times“ erinnert.

Diese Kenntnis verdanken wir einem äusserst eindrücklichen Dokumentarfilm mit dem Titel „Personaleingang“, der für den Sender ARTE produziert wurde und der einen Schlachtbetrieb in Frankreich anhand von Schilderungen einzelner Mitarbeitenden porträtiert. Dabei geht es nicht nur um die „Ware“ Fleisch in all ihren Formen und Verpackungen, sondern auch um die Tiere, die diese Ware „liefern“ und vor allem um die Menschen, die in diesen industriellen Prozess als Hightech-Sklaven eingespannt sind.

Der Film ruft nicht zu einem Fleisch-Boykott auf, aber ich kann mir vorstellen, dass ich, nachdem ich ihn mir aufmerksam angesehen habe, von nun an im Supermarkt die säuberlich in Plastic eingeschweissten Spare-Ribs und das Optigal-Poulet mit etwas mehr Respekt aus dem Regal nehme.