2/5  Erkenntnis versalzen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 18:45

Ein neuer Schock für Essende. (Zuviel) Fett ist ungesund, Zucker sitzt auf der Aanklagebank und jetzt wird ein neuer Verdächtiger in den Gerichtssaal geführt: SALZ. Klar, auch hier ist es eine Frage des Masses. Die WHO plädiert für eine maximale Menge von 5 Gramm pro Tag (in der Schweiz sind wir immer noch bei rund dem Doppelten), aber hat denn das Salz etwas mit Übergewicht und Adipositas zu tun?

Hoher Blutdruck, ja das gilt als allgemein gesicherte Erkenntnis, und dass zuviel Salz durstig macht, weshalb in der Gastronomie gerne gut gesalzen wird, um den Getränke-Absatz zu fördern. Sagt der Volksmund. Aber offenbar müssen wir nun gründlich umlernen. Das jedenfalls ist das Resultat eines aussergewöhnlichen Feldversuches in einem ganz speziellen Labor: Salzkonsum macht hungrig und lässt uns mehr essen, was Übergewicht und Adipositas verursachen kann.

Durchgeführt wurde der Versuch von Wissenschaftlern der Vanderbilt University in Nashville, USA. Und er fand in einem speziellen Setting statt: im Trainingslager von zehn russischen Kosmonauten, die sich während mehrerer Monate auf einen allfälligen Flug zum Mars vorbereiteten. Die Männer erhielten während der ganzen Dauer des Experimentes die gleiche Nahrung und unterlagen den gleichen physischen Bedingungen und Strapazen. Das einzige, was im Rahmen der Studie verändert wurde, war der Salzgehalt des Essens: zu Beginn wurden der Nahrung 12 Gramm Salz pro Tag zugesetzt, nach einem Drittel der Zeit wurde die Menge auf 9 Gramm reduziert und im letzten Drittel auf 6 Gramm.

Je weniger Salz die Kosmonauten zu sich nahmen, umso mehr Wasser tranken sie, das widersprach allen Erwartungen, und in der Phase mit dem Salz-Maximum klagten die Probanden über Hunger. Zuviel Salz führt also dazu, dass wir mehr essen als uns guttut. – Aber es gab auch schon frühere Studien, dei in eine ähnliche Richtung wiesen: eine Britisch-Chinesische Untersuchung zeigte 2015 auf, dass ein Gramm Salz mehr pro Tag das Risiko, an Adipositas zu erkranken, für Kinder um 28% und für Erwachsene um 26% erhöht. Eine australische Studie aus dem letzten Jahr bemass das erhöhte Adipositas-Risiko für Kinder auf 23%, wobei die Forscher von der Annahme ausgingen, von salzigen Speisen würde mehr gegessen, weil sie besser schmecken, und weil der Durst vorzugsweise mit zuckerhaltigen Süssgetränken gelöscht würde…

Wie genau der Salzkonsum auf den Stoffwechsel einwirkt, darüber tappen die Forscher noch im Dunkeln. Im Anschluss an das Kosmonauten-Experiment wurde eine Vergleichs-Studie mit Mäusen durchgeführt. Diese zeigte, dass die Mäuse-Lebern mehr Energie benötigen, um den Wasserhaushalt in Balance halten zu können, und dass dieser erhöhte Energiebedarf möglicherweise die Ursache für auftretenden Hunger und fürs Überessen sein könnte.

Wie auch immer: wir tun wohl gut daran, unseren Salzkonsum bewusst unter die Lupe zu nehmen und wenn immer möglich einzuschränken.