10/10  Hohe Fallzahlen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:28

Schon länger tobt ein Machtkampf. Zwischen den auf Kosten-Einsparung bedachten kantonalen Gesundheits-Direktionen, den Spitälern und der spezialisierten Ärzteschaft. Es geht darum, komplexe und anspruchsvolle Operationen – vor allem im Bereich der Bauch-Chirurgie – auf möglichst wenige Kliniken zu konzentrieren. Dies hätte verschiedene Vorteile: die teuren OP-Infrastrukturen wären optimal ausgelastet und die Chirurgie-Teams könnten sich ein Maximum an Routine erwerben. Beides käme letztlich den PatientInnen zugute, einerseits durch eine mögliche Senkung der Gesundheitskosten, anderseits durch den hohen Standard der Behandlung, wie er aufgrund der hohen Fallzahlen gegeben sein müsste. – Das hat eine aktuelle Studie aufgezeigt: je häufiger ein Eingriff an einem Spital vorgenommen wird, umso geringer ist das Risiko von Komplikationen mit schlimmstenfalls tödlichem Ausgang.

Also könnte, ja müsste es ganz in unserem Interesse sein, dass dieser Konzentrationsprozess forciert wird, dass eine Mindest-Fallzahl gesetzlich vorgeschrieben wird und dass die Politik einen hohen Standard in der chirurgischen Performance durchsetzt. – Aber gerade bei der bariatrischen Chirurgie im Übergewichts-Bereich ist es nicht so einfach. Da gibt es heute in der Schweiz rund 50 Kliniken, die von der fachärztlichen Gesellschaft „lizenziert“ sind, solche Operationen gemäss strikten Richtlinien durchzuführen. Pro Jahr finden rund 5’000 Eingriffe statt. Das sind gut 100 OPs im Schnitt, also zwei Pro Woche, womit bereits eine ansehnliche durchschnittliche Fallzahl erreicht wäre. Eine weitere Beschränkung auf einige wenige autorisierte Zentren wäre zwar technisch-logistisch möglich, aber dies stösst an andere Grenzen.

Aus Patientensicht ist es erwünscht, dass ein solcher Eingriff nicht am anderen Ende der Schweiz stattfinden muss, dass ein Adipositas-Kompetenzzentrum inklusive Chirurgie auch für die Vorbereitung und die Nachsorge „erreichbar“ bleibt. (Aus diesem Grund ist auch von „Billig-OPs“ in Ungarn oder in der Türkei abzuraten…) Die nächsten Jahre werden zeigen, wohin die gesundheitspolitische Reise geht. Die Anzahl der bariatrischen Eingriffe dürfte wohl in Zukunft noch ansteigen, wird doch heute erst ein Bruchteil jener Patienten operiert, bei denen ein Eingriff aus gesundheitlichen Gründen angezeigt sein könnte. Verfolgen wir die Entwicklung aufmerksam!

(Ein entsprechender Bericht wurde heute im Tages-Anzeiger publiziert, ist jedoch online nur kostenpflichtig zugänglich, deshalb ist hier keine Verlinkung möglich.)