31/10  Metzgerregung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 9:35

In der Zeitung sah es nach Aufruhr aus. Nur unter Polizeischutz habe man die Aktion durchführen können. Aggressive Drohungen seien von Seiten der Tierschützer gekommen. Ein Pfarrer soll sich aus Protest gegeisselt haben. Aber das Publikumsinteresse sei gross gewesen, vor allem seitens der Älteren.

Angesagt war eine „öffentliche Hausmetzgete“. Also ein absolut alltäglicher Vorgang, müsste man meinen, Jedenfalls früher war es so. Ich erinnere mich an meine eigene Kinderzeit, in den Ferien bei Onkel Otto und Tante Ella auf der „Sandgrube“, einem hablichen Bauernhof unweit von Bern. Die Metzgete war eine Art Festtag mit rituellem Charakter, von langer Hand vorbereitet. Das Säuli war lange voraus bestimmt und besonders liebevoll gepflegt worden. Der Störmetzger mit seinem Gehilfen war flink und routiniert zugange. Wir Kinder halfen mit, wo wir konnten, aus respektvoller Distanz zwar, aber wenn etwas gebraucht wurde, das wir besorden konnten, waren wir zur Stelle.

Es gehörtze zu den natürlichsten Verrichtungen, dass die Fleischspeisen vor aller Augen auf dem Hofplatz und später in der Küche zubereitet wurden. Und die Aussicht auf den bevorstehenden Festschmaus liess und schon früh die Münder wässern: Würste in aller Form, Braten, Gnagi… aber das Meiste wurde vorbereitet als Vorrat: Schinken, die in die Kisten mit Salz wanderten, Speckseiten, dier neben den Würsten im Räucherkamin des Waschhäuschens baumelten – Nahrung für den ganzen Winter, in Selbstversorgung.

Heute ist uns dieses Essen durch die industrielle Massenfertigung entfremdet worden. Wir nehmen es nur noch als Material wahr, haben den Bezug zur Kreatur verloren, von der es stammt und nicht ohne Schaudern sehen wir von Zeit zu Zeit einen Dokumentarfilm aus dem Schlachthaus, wo alles durchgetaktet im Zeitraffertempo abläuft, weil der Konsument es bilig, billig, billig haben will!

Wo ist das Handwerk geblieben? Und wie hoch müsste der Preis sein, um es erneut zu beleben? Würde uns das helfen, wieder mit mehr Vernunft und Rücksicht auch auf unsere eigene Gesundheit zu essen?